Klangnacht lässt Stimmen und Glocken rein erschallen Drucken E-Mail

thumb_1a-kn-besucherthumb_1a-kn-nacht2BAD EMS/RHEIN-LAHN. (25.Juni 2010) Glockenreine Töne bestimmten die „KlangNacht“, die im Rahmen des Bad Emser Klangfestes zu ungewöhnlicher Zeit die Türen der evangelischen Martinskirche öffnete. Dort füllte lupenreiner Gesang des ungarischen Vokalensembles „Discantus“ die romanischen Kirchenmauern. Zusammen mit der brillanten Spieltechnik von Volker Höh auf der Gitarre verströmte das Konzert zu später Stunde Besinnung und Entspannung, gekrönt vom Klang aller Glocken, die es in den fünf Kirchen der Kurstadt gibt.

Pfarrer Achim Weber freut sich über das volle Kirchenschiff ebenso wie Willi Becker, der im Namen des rheinland-pfälzischen Kultursommers und der Kulturoffensive Bad Ems die Besucher begrüßt und ihnen einen ganz besonderen musikalischen Leckerbissen ankündigt, der einen anspruchsvollen und passenden Bogen von den Baujahren der Kirche thumb_1a-kn-discantus1bis ins 20. Jahrhundert spannt. Das war nicht zuviel versprochen.

Schon der erste Ton des Dank des rheinland-pfälzischen Kultursommers engagierten elfköpfigen Chores – für ein „Ave Maria“ Robert Parsons aus dem 16. Jahrhundert – besticht durch Reinheit, das Ensemble selbst durch ein dynamisch fein nuanciertes, sanft thumb_1a-kn-applausfließendes Ineinander der Stimmen. Der Mutter Gottes verleiht der Chor aus Budapest im evangelischen Kirchenschiff auch mit John Taverners (1490-1545) „Ave Die patris filia“ großen Glanz. Die mehr als innigen lateinischen Worte verwandeln die Interpreten nicht nur in diesem Werk in ein vokales Seelengemälde, insbesondere der helle Sopran schickt seine Stimme direkt in die Herzen der rund 130 Zuhörer.

Reinheit und Präzision, bei der selbst im leisesten Schlusston keinerlei Stimmschwankung das Klangvergnügen trübt, verleiht ebenso der englischen Vertonung des Psalms 119 von Thomas Tallis anrührend Wirkung. Vom einstimmig klösterlichen Mönchsklang bis zum siebenstimmigen „Alleluia“ in einem anderen Werk des englischen Komponisten demonstriert „Discantus“ einmal mehr sein feines Gespür für die Strahlkraft sakraler mittelalterlicher Klänge.

thumb_1a-kn-volkerhhGanz andere Tonfarben schlägt Volker Höh auf der Gitarre an, die 100 und 300 Jahre später entstanden, Tanzmusik von Gaspar Sanz, dessen „Suite Española“, und vier Werke des katalanischen Komponisten Francisco Tárrega. Es macht Staunen, wie der weltreisende Meistergitarrist aus Koblenz auf seinen Saiten feinste Klangseiten herausfiltert, bei den Tänzen ebenso wie im Capriccio oder der Mazurka Tárregas. Sein filigranes Spiel mit dem Echo, wie er trotz quirliger Begleitung der Melodie noch Akzente verleiht und dass er bei aller Rasanz zwischen ein- und mehrfachem Piano noch dynamisch zu phrasieren versteht, fasziniert Ohren wie Augen.

Ein echtes Glanzlicht im evangelischen Gotteshaus: das von Höh arrangierte Wechselspiel zwischen Werken Johann Sebastian Bachs und dessen brasilianischem Verehrer Heitor Villa-Lobos. Unter dem Titel „Bach am Amazonas“ erschließt Höh einen tonalen Fluss, ein stimmiges Mit- und Ineinander aus Werken des Leipziger Thomaskantors und des brasilianischen Komponisten. Da fließen Villa-Lobos flotte Hommage-Töne an Bach wie selbstverständlich in dessen vertraute Präludium-Akkorde aus dem Wohltemperierten Klavier. Markante tiefe Saitenklänge, die den stolzen brasilianischen Indianer imitieren, verschwistern sich mit dem Tanzrhythmus des Bach’schen Bourrées.

thumb_1a-kn-pausethumb_1a-kn-getraenkeFriedel Jörnhs dankt den Künstlern im Namen der Klangfest-Organisatoren für ihren Auftritt. Dem kräftigen Applaus des Publikums folgte vor der Kirche ein außergewöhnlicher „Nach(t)Klang“. Bei Getränken und Gebäck genießen die Klangfest-Besucher im vollen Schein des Mondes den Glockenklang aller Bad Emser Kirchenglocken. Wie fein diese aufeinander abgestimmt sind, lässt sich freilich nur aus der Ferne wahrnehmen. So tönt ein stimmiger Schall über dem Lahntal und wird ebenso wie das Konzert im Gedächtnis sicher noch oft nachhallen. Bernd-Christoph Matern 

Informationen über das weitere Programm des Klangfestes finden Sie hier.