Propst Klaus-Volker Schütz: Kirche muss immer im Aufbruch sein

thumb_1dr._k-v_schtz_foto_thomas_neuRHEIN-LAHN. (16. November 2017) Seit dem 1. Oktober gehört das evangelische Dekanat Nassauer Land zur ehemaligen Propstei Rheinhessen. Im Interview äußert sich Propst Dr. Klaus-Volker Schütz über Hintergründe der Strukturveränderung und die Aufgaben des Propstes. Am Freitag wird Schütz auch Gast der Synode des evangelischen Dekanats Nassauer Land sein, die sich ab 17 Uhr zu ihrer Frühjahrstagung in Lahnstein trifft.

Hier das Interview mit dem Propst im Wortlaut:

Herr Schütz, warum wurde die neue „Propstei Rheinhessen und Nassauer Land“ geschaffen?

Zurzeit gibt es in unserer Landeskirche auf verschiedenen Ebenen neue Formen der Zusammenarbeit. Aufgrund des demografischen Wandels erleben wir seit einigen Jahren einen Mitgliederschwund, an dem wir nicht vorbei gehen können. Daher ist seit einigen Jahren Kooperation ein großes Thema für uns. Es gibt Kooperationen in Gemeinden und die Dekanate der EKHN werden größer, wie bei uns in Rheinhessen Oppenheim und Ingelheim. In diesem Zusammenhang hat die Kirchensynode beschlossen, aus den bisherigen sechs Propsteien fünf zu machen, wenn die Frankfurter Pröpstin Gabriele Scherle in Ruhestand geht. Das bedeutet, dass wir anderen Pröpstinnen und Pröpste uns die Arbeit anders aufteilen und einige Gebiete größer werden.

So kam zum 1. Oktober zu der Propstei Rheinhessen das Dekanat Nassauer Land hinzu mit seinen 800 Quadratkilometern Fläche, 150 Kommunen mit 56.000 Evangelischen in 56 Kirchengemeinden, die unter anderem 33 Kindertagesstätten betreiben. Ich bin seit 17 Jahren Propst für Rheinhessen und kenne die Region sowie die Mentalität der Menschen sehr gut. Nun ist es spannend für mich, nochmal einen neuen Landstrich zu entdecken.

Welche Aufgaben haben Sie als Propst in der neuen „Propstei Rheinhessen und Nassauer-Land“?

Meine Arbeit bleibt die Gleiche, erstreckt sich nur über ein viel größeres Gebiet. Meine Aufgaben sind ordinieren, visitieren und orientieren. Ich besuche die Kirchengemeinden, schaue, wo es gut läuft und wo Verbesserungen nötig sind, bin Ansprechpartner für die Dekaninnen und Dekane, für Pfarrerinnen und Pfarrer, halte Festgottesdienste und bin bei Kirchenjubiläen dabei. Im Bereich der Orientierung obliegt es mir, die Belange der Region in die Kirchenleitung einzubringen sowie immer wieder theologische Grundfragen in die Verhandlungen der Kirchenleitung einzubringen, ob es um die die Haltung zur Ehe für alle geht, die Gestaltung des ökumenischen Kirchentags 2021 in Frankfurt, den Schutz der Sonn- und Feiertage oder die Fragen des Lebens in einer zunehmend globalisierten und digitalisierten Welt.

Immer wieder sind uns neue, spannende Frage gestellt. Kirche muss immer im Aufbruch sein, sonst ist sie tot! Das haben wir gerade im Jubiläumsjahr der Reformation an vielen Stellen neu bedacht.

Wie werden Sie die Menschen in einem so großen Gebiet zusammenbringen?

Die Verbindung liegt auf der Hand: Beides sind rheinland-pfälzische Gebiete. Knapp ein Drittel des Gebiets der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau liegt und gestaltet ihr kirchliches Leben in Rheinland-Pfalz. Das sollte nicht vergessen gehen. Ich habe die letzten Jahre immer bewusst rheinland-pfälzische Themen in die Kirchenleitung eingebracht und umgekehrt den Kontakt zu Kommunen, Kreisen und der Landesregierung gepflegt, soweit es mir möglich war. Mit der neuen Propstei entsteht aber sicher auch kein neues, einheitliches Gebilde, sondern ein Visitationsbezirk, der sich in zwei Lebenswelten teilt: Rheinhessen und das Nassauer Land.

Jeder Teil hat seine eigene Identität und bringt seine eigenen gesellschaftlichen und strukturellen Fragen mit. Ich denke, dass wir durch die alltägliche Arbeit Stück für Stück zusammenwachsen werden. Die Arbeit der Pröpste und Pröpstinnen lebt durch die Nähe zu den Gemeinden und Dekanaten. Ich werde mich bemühen, diese Nähe auch auf dem erweiterten Gebiet aufrechtzuerhalten.

Dieses Jahr wurde überall 500 Jahre Reformation gefeiert. War das ein guter Anlass für die evangelische Kirche zu zeigen „Wir sind da!“?

Das Reformationsjubiläumsjahr war ein Christusfest und ein Beteiligungsjubiläum, wirklich ein Aufbruch und ein Sich-Vergewissern der eigenen Herkunft. Es wurde in den Gemeinden und Dekanaten viel Neues ausprobiert, um den Menschen unseren Glauben nahezubringen. Wir brauchen die Beheimatung in den schönen alten Formen, wir dürfen aber auch Neues entdecken, neue Formate, die für die Glaubens- und Lebenswelten des 21. Jahrhunderts passend sind. Kirche ist immer zweierlei – Heimat und Aufbruch. Wenn unsere Kirche bestehen will, braucht sie Breite und Tiefe.

Juliane Diel 

Zur Person: Dr. Klaus-Volker Schütz, 1956 in Frankfurt am Main geboren, hat in Frankfurt und Mainz Evangelische Theologie studiert. Nach dem Vikariat, der Promotion im Fach Praktische Theologie/Pastoralpsychologie bei Gert Otto und einer psychotherapeutischen Ausbildung wurde er 1989 zum Pfarrer ordiniert. Mehrere Jahre war er als Gemeindepfarrer in Geisenheim im Rheingau tätig. Zum 1. April 2000 wurde er von der Kirchensynode in das Amt des Propstes für Rheinhessen gewählt. Seit 1. Oktober 2017 ist er nun Propst für Rheinhessen und das Nassauer Land.

Propst Schütz möchte mit seiner Arbeit zu einer offenen, einladenden und gewinnenden Kirche beitragen, die ihre Binnenorientierung überwindet und die sich in aktuelle Fragen einmischt. Besonders wichtig sind ihm Fragen des geistlichen Lebens und die Einübung in Stillem, Gebet und Kontemplation. Dienstort des Propstes ist Mainz, wo er „Am Gonsenheimer Spieß 1" zu finden ist. Propst Schütz ist mit der Kinder- und Jugendbuchillustratorin und Malerin Pia Eisenbarth-Schütz verheiratet und wohnt in Schwabenheim an der Selz.

Kontakt:
Propst Dr. Klaus-Volker Schütz
Am Gonsenheimer Spieß 1
55122 Mainz
Telefon: 06131 / 31027
Telefax: 06131 / 371040
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Portrait-Foto: Thomas Neu

Mehr Informationen und eine Karte der neuen Propstei finden Sie hier.