Dankbar bleiben für Demokratie und Deutsche Einheit

thumb_1a-bundestagnacht0914_co-becrima-RHEIN-LAHN. (3. Oktober 2018) Der heutige 3. Oktober, der per Gesetz als Tag der Deutschen Einheit an den 1990 unterzeichneten Einigungsvertrag erinnert, könnte eine gute Gelegenheit sein, noch vor dem Erntedankfest am kommenden Sonntag einmal ans Danken zu denken. Doch wie mit manch religiösem Feiertag nimmt auch das Interesse für den Ursprung manch staatlicher Feiertage ab.

Wie gefährlich es ist, nicht mehr nach dem Sinn und Ursprung von Feiertagen zu fragen, nach dem Motto „Hauptsache frei!“, muss sich nicht wundern, wenn die damit verbundenen Freiheiten auch irgendwann weichen. Das gilt für den arbeitsfreien Sonntag, der Thema der evangelischen Impulspost ist, ebenso wie für die staatlichen Feiertage.

Die Freiheiten freier Tage zu genießen, sich ihres Ursprungs zu besinnen, hilft, sie zu erhalten. Verreisen war für die meisten Menschen in der DDR alles andere als selbstverständlich. Schlimmer noch: Familien waren über Jahrzehnte durch eine unüberwindbare Mauer getrennt; das Verlassen des Landes nur unter Todesgefahr möglich. Dass sich Betroffene und Zeitzeugen noch bis an ihr Lebensende an diese Unrechtsverhältnisse erinnern werden, steht außer Frage.

Wünschenswert wäre aber auch, wenn sich wieder mehr Menschen ihrer Freiheit bewusst würden, die das Gegenteil nicht bitter durchlebten. Die Begeisterung und die Dankbarkeit, die den Fall der Mauer begleiteten, verblassen allmählich mit jedem Jahr. Stattdessen keimen nationalistische Parolen auf, die das genaue Gegenteil einer freiheitlichen Demokratie heraufbeschwören. Dabei zeigen die Nachrichten von den Kriegen und Auseinandersetzungen in aller Welt doch tagtäglich, wie wenig selbstverständlich ein Leben mit demokratischen Grundsätzen ist.

Womit haben wir den freien Sonntag eigentlich verdient? Womit haben wir eigentlich verdient, unsere Meinung frei äußern zu dürfen und in einem Rechtsstaat zu leben? Stattdessen sinkt von Jahr zu Jahr der Besuch von Sonntagsgottesdiensten genauso wie die Beteiligung bei politischen Wahlen, während sich Milliarden von Menschen danach sehnen, denen dieser Luxus verwehrt bleibt, sowohl ihren Glauben als auch ihre politischen Rechte entfalten zu können.

Politik und Politiker schlecht zu reden, macht Mode, diesseits wie jenseits der ehemaligen Mauer. Schlimmer noch: Es führt zu einer extremistischen Abwendung von freiheitlichen demokratischen Strukturen, anstatt Politik mitzugestalten. Schlecht zu reden und gegen etwas zu sein, ist ja auch bedeutend bequemer als mitzumachen und Politik nach eigenen Vorstellungen besser zu gestalten.

Gut, dass es die Feiertage noch gibt, auch wenn sie von immer weniger Menschen gefeiert werden. Bernd-Christoph Matern