Praktikum im Pfarramt

RHEIN-LAHN. „Ich habe ja erst befürchtet, es könnte ein wenig zu fromm für mich in einem Pfarrhaus zugehen, aber jetzt bin ich eines Besseren belehrt worden”, sagt Selina Speich aus Nochern. 14 Tage hat sie das Pfarrerehepaar Barbara Helling und Alfred Weinberg bei ihrer Arbeit begleitet, und sie ist nicht die einzige Schülerin aus dem Rhein-Lahn-Kreis, die sich für die berufliche Seelsorger interessiert. Das Praktikum im Pfarrhaus wird bei Jugendlichen immer beliebter.

„Man hat viel mit Menschen zu tun, das gefällt mir am Beruf des Pfarrers“, zieht Selina Speich ein Fazit ihres 14-tägigen Praktikums im Nocherner Pfarramt. Die 15-Jährige Schülerin des Wilhelm-Hofmann-Gymnasiums in St. Goarshausen hatte zunächst nach einem Psychologie-Praktikum Ausschau gehalten, allerdings ohne Erfolg. „Aber da mag es schon Parallelen geben“, meint sie nach der Begleitung vieler Kontakte, die sie mit Barbara Helling und Alfred Weinberg erlebt hat.

„Pfarrer haben einen sehr vielseitigen Beruf, das hat mich schon begeistert.“ Kindergarten, Kirchenvorstandssitzung, Baustellenbesuche, Bildungsinitiative, Religionsunterricht und Frauenkreis – schon der „Stundenplan“ spricht Bände. Doch nicht nur zuschauen, auch mitmachen war angesagt; etwa bei der Vorbereitung der Predigt oder im Gottesdienst für die Maxi-Kinder des Kindergartens. Und was ihr besonders gut gefallen hat: „Man kann mit Frau Helling sehr gut reden und auch die eigenen Gedanken einbringen.“

So hat ihr auch die Gottesdienstvorbereitung mit der Pfarrerin Freude bereitet, in der es um einen Wassertropfen ging, durch den die Sicht auf das Blatt unter ihm vergrößert wurde. „Man muss manchmal genau hinsehen, um Dinge zu erkennen“, so die ehemalige Konfirmandin des Pfarrerehepaares. Auch ein Praktikum kann dazu dienen, einen genaueren Eindruck von der Berufswelt und einem Beruf zu erhalten.

Respekt vor dem Berufsbild Pfarrer hat auch Kathrin Heymann aus Geisig nach ihrem Praktikum bei Pfarrvikarin Silke Funk in den Heimen Scheuern bekommen. „Das ist ganz schön stressig, man hat keine klaren Arbeitszeiten und muss eigentlich immer erreichbar sein.“ Die 17-Jährige, die die elfte Klasse des Marion-Dönhoff-Gymnasiums in Lahnstein besucht, kann sich auch gut vorstellen, Theologie zu studieren. „Allerdings hätte ich gern mehr mit Jugendlichen zu tun.“ In ihrem zweiwöchigen Praktikum waren die Gespräche mit älteren Menschen klar in der Überzahl. Und öfter auf einen Wohnsitzwechsel gefasst zu sein, ist auch weniger ihre Sache.

Beeindruckt hat sie, wie Funk für die Kirchengemeinde Dienethal und die Bewohner der Heime Scheuern unterschiedliche Gottesdienste vorbereitet hat. Überwältigt war sie auch von der Herzlichkeit der Heimbewohner: „Sie sind so fröhlich, auch beim Feiern des Gottesdienstes.“ Ein Praktikum, das keine Einbahnstraße war, denn auch die Seelsorger in Nochern und Dienethal sind sich ihrer eigenen Rolle wieder stärker bewusst geworden.

Silke Funk: „Man hat die Chance, das Miteinander der eigenen Arbeitsfelder wieder einmal zu reflektieren.“ Und Alfred Weinberg ist froh, einmal mit einem Blick von außen begleitet worden zu sein. „Das ist wieder etwas anderes als eine Vikarin zu betreuen.“ Wer Interesse an einem Pfarrer-Praktikum hat, kann sich an die örtlichen Pfarrämter wenden, die nähere Informationen geben. (bcm)