Ausstellung in Nassau macht Wirkung Martin Luthers begreifbar Drucken E-Mail

thumb_1a-la13raum_becrima-thumb_1a-475andausenau171013_becrima-NASSAU/DAUSENAU. (18. Oktober 2013) Mit zwei Andachten in Nassau und Dausenau sowie der Eröffnung einer Ausstellung über das Leben und die Wirkungsgeschichte Martin Luthers haben vier evangelische Kirchengemeinden des Nassauer Landes an die Einführung der Reformation in den Kirchspielen Dausenau und Nassau vor 475 Jahren erinnert. Im Jahr 2017 feiert die Evangelische Kirche in Deutschland den 500. Jahrestagung der Veröffentlichung von Luthers 95 Thesen.

"So wie die Glocken heute Abend in die Kirche gerufen haben, läuteten die gleichen auch vor 475 Jahren“, sagte Pfarrer Joachim Winkler, als er die Besucher zu einer Abendandacht in der Johanniskirche begrüßte. Am 15. Oktober 1538 trafen sich die Abgesandten der Grafschaften Nassau-Dillenburg, Nassau-Weilburg und Nassau-Idstein zu Beratungen in einem der drei Nassauer Amtshäuser und riefen anschließend mit dem Glockengeläut sowohl in Nassau als auch zwei Tage später in Dausenau die Menschen in die Kirchen, um ihnen das Ergebnis der Beratungen, die Einführung der Reformation, zu verkünden. Die Abschaffung päpstlicher Messen, Gottesdienste in deutscher Sprache und die Austeilung von Brot und Wein beim Abendmahl zählten zu den Änderungen.

thumb_1a-la13thesentuer_becrima-In beiden Kirchen wurde sowohl an das Datum als auch die Bedeutung der Reformation insgesamt gedacht. So hefteten in Nassau Vorbereitungsteam und Kirchenbesucher neben den Begriffen Freiheit, Gnade und Streit, die Martin Luther prägte, auch das an eine Tür im Altarraum der Johanniskirche, was sie sich heute von ihrer Kirche wünschen: Visionen, den Mut zur Verkündigung, Barrierefreiheit in Köpfen, Herzen und Gebäuden, Genügsamkeit, Lebendigkeit, Volksnähe, Einigkeit, Offenheit und Freude waren Begriffe, die am Ende das thumb_1a-475andaudetail171013_becrima-Holz zierten. In Dausenau wünschten sich die Kirchenbesucher mehr Geschlossenheit und Gemeinschaft, eine Kirche, die auf die Menschen zugeht, die Geborgenheit und ein Zuhause schenkt und Kinder und Jugendliche für sich begeistern kann. Pfarrerin Eva Lemaire hatte zuvor an Visionen erinnert, mit denen bereits in der Bibel neue alte Werte der christlichen Gemeinschaft herbeigesehnt wurden.

Im Haus Beielstein wurde anschließend eine von Pfarrer Wilhelm Schmidt, Stiftungsvorsteher des Diakoniewerks Friedenswarte in Bad Ems, zusammengestellte Ausstellung eröffnet, die das Leben Martin Luthers, dessen Zeit und seine Wirkung bis ins 19. Jahrhundert auf sehr anschauliche Weise dokumentiert. „Diese Sammlung lässt Geschichte und Glauben lebendig thumb_1a-la13medaillen_becrima-und begreifbar werden“, sagte Bernd-Christoph Matern, Öffentlichkeitsreferent der evangelischen Kirche Rhein-Lahn, als er in die Sammelleidenschaft des Theologen einführte.

Schon als Schüler entdeckte Schmidt im Sperrmüll eine zerfledderte Bibel, gedruckt im Jahr 1546, dem Todesjahr Luthers. Schriften, Figuren, Medaillen und Alltagsgegenstände wie Backformen, Teller, Krüge und andere Gefäße mit Luthers Konterfei, die Schmidt auch auf Flohmärkten erstand, seien viel zu schade gewesen, um nur die eigene Wohnung des Pfarrers zu schmücken, sagte Matern und freute sich, dass mit der Ausstellung in Nassau nun auch der Öffentlichkeit ein Stück vom Leben und Wirken Luthers anschaulich zugänglich gemacht werde. Die von Luther gelebte Stärke bei seinem Auftritt vor dem Reichstag zu Worms sowie die von ihm propagierte Freiheit eines Christenmenschen könne heutzutage bedeuten, sich vom Diktat der Masse, oder Neudeutsch des „Mainstreams“ zu befreien, sagte Matern.

Schmidt selbst betonte, dass viele Faktoren die Reformation einleiteten und ermöglichten; thumb_1a-la13figurenworms_becrima-nicht nur Luther. Auf 20 Texttafeln (Schmidt: „Die sind mir eigentlich am wichtigsten“) verdeutlicht dies der Theologe. Sie machen mit der Bedeutung der Renaissance vertraut, Luthers Elternhaus, dessen Entwicklung, Studium und Schriften, aber auch mit seinen Vorbildern, Zeitgenossen, Freunden und seinem Vermächtnis. Da wird etwa an Johannes Hus, einen Vorläufer Luthers erinnert, der auch als Schwan auf einigen ausgestellten Gemälden auftaucht, sowie den Maler Lukas Cranach, dem die Welt eine gewisse Kenntnis über Luthers Aussehen verdankt. Außerdem weisen die Texte auf Luthers bedeutende Wegbegleiter hin wie Philipp Melanchthon oder den Kantor Johann Walter, Herausgeber des ersten evangelischen Gesangbuchs. Schmidt greift den Einfluss damaliger Fürsten für die Reformation auf und spart Luthers umstrittene Haltung während der Bauernkriege in seiner Ausstellung ebenso wenig aus.

Die Ausstellung unterstreiche einmal mehr, so Matern zur Eröffnung, einen Satz von Johann Wolfgang von Goethe aus dem Jahr 1828, der den Eingang zum Nassauer Gemeinderaum ziert: „Luther war ein Genie sehr bedeutender Art; er wirkt nun schon manchen guten Tag, und die Zahl der Tage, wo er in fernen Jahrhunderten aufhören wird, productiv zu seyn, ist nicht abzusehen!“

Die Ausstellung ist geöffnet am Samstag, 19. Oktober, 10 bis 12 Uhr, sowie nach dem Vortrag von Dr. Meinhard Olbrich am Mittwoch, 23. Oktober, 19.30 Uhr, oder auf Anfrage im Gemeindebüro der evangelischen Kirchengemeinde Nassau, Telefon 02604-1820.

Die nächsten Veranstaltungen zum Jubiläum:

Mittwoch, 23. Oktober, 19 Uhr, Haus Beielstein Nassau: „Die Einführung der Reformation im Kirchspiel Nassau und der Weg zur Nassauischen Union von 1817“; Vortrag von Dr. Meinhard Olbrich vom Geschichtsverein Nassau.

Sonntag, 27. Oktober, 14 Uhr, Johanniskirche Nassau: Festgottesdienst zum 475. Reformationsjubiläum im Nassauer Land mit Propst Dr. Sigurd Rink. Anschließend Jubiläumsempfang in der Stadthalle Nassau.

Donnerstag, 31. Oktober, 17 Uhr, Versammlungsraum der Stiftung Scheuern: Gottesdienst zum Reformationsfest.

Sonntag, 3. November, 17 Uhr, St. Kastorkirche Dausenau: „Aus dem Glauben fließt Musik – Texte und Musik zum Reformationsfest“.

Dienstag, 5. November, 19.30 Uhr, Stadthalle Nassau: „Reformation 2017 - Was gibt es da zu feiern?“; Vortrag von Margot Käßmann, Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum 2017. EINTRITT NUR MIT EINLASSKARTE! Mehr Infos dazu hier.

Festbroschüre zum Jubiläum

Eine ebenso informative wie kurzweilige Broschüre zur Einführung der Reformation in den Kirchspielen Dausenau und Nassau ist gegen eine Schutzgebühr von 2 Euro bei allen Veranstaltungen der Jubiläumsreihe erhältlich oder kann über das Gemeindebüro bestellt werden.