Bilder in Kastorkirche Dausenau: Brücke zwischen Mensch und Gott Drucken E-Mail

thumb_1a-malereifisch150810DAUSENAU/RHEIN-LAHN. (19. August 2010) Als ein Stück vom Himmel auf Erden seien sie gestaltet worden, wo zu jeder Zeit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verschmelzen, sagte Pfarrer Stefan Fischbach, als er jetzt im Rahmen der Dausenauer Kulturwochen und des rheinland-pfälzischen Kultursommers die Gemälde in der St. Kastorkirche Dausenau erläuterte. Insbesondere die Fresken im Altarraum standen dabei im Mittelpunkt.

Die Bedeutung von Urlaubsfotos sprach Fischbach zuerst an, mit denen Erinnerungen wachgehalten werden sollen. thumb_1a-malereifisch150810aDann nannte er die „Armenbibeln“, mit denen Menschen, die nicht lesen konnten, biblische Geschichten vermittelt, aber auch interpretiert wurden. In der Christenheit hätten Bilder zu kontroversen Auseinandersetzungen geführt, erinnerte er an den „Bildersturm“, mit dem auch zur Zeit der Reformation im 16. Jahrhundert verhindert werden sollte, „sich ein Bildnis von Gott“ zu machen, wie es im Zweiten Gebot heißt.

Dann schloss er den Bogen zu den Gemälden in der St. Kastorkirche, die 1902 umfassend restauriert wurden. „Diese Gemälde gehen über die reine Dokumentation der Ereignisse weit hinaus“, sagte Fischbach. „Vielmehr wurde und wird noch immer mit ihnen eine Brücke zwischen Mensch und Gott in beide Richtungen geschaffen.“ Damit lenkte er die Augen der Besucher zu dem Passionsfries im Altarraum und zu dessen Bedeutung der Frömmigkeit, die dahinter steht.

thumb_1a-chorraumdausenauDer Wechsel von je zwei Aposteln und einer Szene aus der Leidensgeschichte Jesu scheint heute durch den 1525 vergrößerten Wandtabernakel unterbrochen. „Wenn man aber genau hinsieht, fällt auf, dass der Wandtabernakel, in dem Abendmahlsgeräte und Monstranz mit derthumb_1a-friesabendmahl Hostie aufbewahrt wurden, ursprünglich die Größe eines der Freskenfelder besaß und somit in den Ablauf des Passionsfrieses hineingehört.“ Er folgt thematisch auf die Szene im Garten Gethsemane mit dem dargestellten Kelch.

So seien in Dausenau bei der Feier der Eucharistie die heiligen Elemente aus dem bildlich dargestellten Leiden Christi herausgenommen und den Menschen dargereicht worden. „Das ist ein sehr symbolträchtiger Vorgang, ein Zusammenspiel von Kunst und Theologie, das durch die Vergrößerung des Wandtabernakels keineswegs gestört, sondern eher betont wurde.“ Das als Sternenhimmel ausgemalte Innere des Tabernakels liefere einen Vorgeschmack auf die himmlische und unverhüllte Begegnung mit Christus. Für die damals noch nicht medienüberfluteten Gottesdienstbesucher habe die Malerei wohl eine Wirkung gehabt, „wie wir sie heute vom Besuch im Kino her kennen“, verglich der Pfarrer.

Fischbach wies auf eine weitere Besonderheit hin, die über das Künstlerische der Malerei weit hinausgeht. „Wo der Fries endete, folgte die Tür zur Sakristei unter dem rechten Chorfenster, danach die Nische des Chorsitzes, in dem der Pfarrer während des Gottesdienstes saß.“ Dieser ist heute hinter der Kanzel vermauert. „Betrachten wir die Gesamtabfolge von links nach rechts, so zeigen sich zwei Aspekte, die auf dasselbe hinauslaufen: Zum einen setzt sich die Reihe der Apostel mit dem Aufenthaltsbereich des Priesters fort.“ Die Chorraum-Gestaltung verdeutliche: die Reihe der Apostel wird optisch weitergeführt durch den Priester.

Zum andern zeige sich im Ablauf der Gestaltung die Kontinuität der christlichen Geschichte und Verkündigung. Die Zeit Christi, sein Heilswirken und sein Leiden, bezeugt von den Aposteln, wird zeitgenössisch verkündigt vom Pfarrer und thumb_1a-malereifisch150810bder Gemeinde. „So wird hier der Bogen gespannt von Christus über die Urkirche zur zeitgenössischen Gemeinde.“ Die Gemeinschaft aller Gläubigen werde symbolhaft bildlich hergestellt durch den Fresken-Fries, den Pfarrer und die versammelte Gemeinde.

thumb_1a-daus-hlsebastianAuch zu den anderen Fresken des 1319 errichteten Gotteshauses führte der Vortrag, zum von Pfeilen durchbohrten Heiligen Sebastian etwa oder dem Martyrium der Heiligen Margareta von Antiochia im Blickfeld des ehemaligen Haupteingangs. Am Ende des Vortrags wurde deutlich, dass der Malerei in der St. Kastorkirche eine weitaus größere als nur kunsthistorische Bedeutung zukommt, sondern dass sie Gottesdienst und Kirchenbesuch zu einem mehrdimensionalen, visionären und lebendigen Erlebnis werden lässt. Bernd-Christoph Matern

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