Christen im Nassauer Land entwickeln Themenreihe zum Tod Drucken E-Mail

thumb_1a-ruheforstkreuzNASSAU/RHEIN-LAHN. (16. März 2012) Die Ökumene im Nassauer Land wird schon seit vielen Jahren großgeschrieben. Erschöpfte sich die Zusammenarbeit bislang aber auf die unmittelbar benachbarten katholischen und evangelischen Gemeindeglieder in Nassau, Obernhof, Winden, Seelbach und Arnstein, tauschen sich nun alle hauptamtlichen Theologen beider Konfessionen in der gesamten Verbandsgemeinde Nassau in regelmäßigen Treffen miteinander aus. Ein erstes Projekt der „Christen im Nassauer Land“ ist bereits in der Planung.

Sich an einen Tisch setzen, darüber nachdenken, wie sich Themen aufgreifen, aufarbeiten und in die Öffentlichkeit bringen lassen, die die Menschen bewegen – das ist für das Dutzend Theologen erst einmal keine konfessionelle, sondern eine seelsorgerische Aufgabe. Das gilt vor allem für die erste gemeinsam erarbeitete Themenreihe. „Sterben und Tod“ ist sie überschrieben und sensibilisiert ab November dieses Jahres in den Kirchengemeinden des Nassauer Landes auf unterschiedliche Weise für das Thema.

„Dem Tod kann sich kein Mensch entziehen, ganz gleich, ob er katholisch oder evangelisch ist, ob er an einen Gott glaubt oder nicht“, erklärt Nassaus evangelischer Gemeindepfarrer Joachim Winkler zum Hintergrund der Gemeinden übergreifenden Zusammenarbeit und speziell dieses Themas. Alle Beteiligten kennen von ihrem Beruf her Ängste, Sorgen und Trauer von Sterbenden und Hinterbliebenen. „Wir haben als Christen ein gemeinsames Anliegen, auch was diesen seelsorgerischen Bereich anbelangt“, sagt Winklers katholischer Amtskollege Pater Peter Egenolf.

Gerade vor dem Hintergrund einer sich in großer Geschwindigkeit wandelnden Bestattungskultur, seien immer mehr Menschen verunsichert und suchten nach Orientierung. „Wir möchten diese Fragen, die die Menschen im Blick auf Sterben und Tod bewegen, ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit bringen“, so Egenolf. Das lasse sich in konfessions- und gemeindeübergreifenden Veranstaltungen eher erreichen als wenn jeder Einzelne in seiner Gemeinde, vor allem den kleineren, dazu Informationsveranstaltungen anbiete. „Wir ziehen da an einem Strang“, sagt Winkler.

Den Wandel im Umgang mit Tod und Trauer sieht er darin begründet, dass die Vielfalt von Möglichkeiten in der Bestattungs- und Trauerkultur zunimmt, was etwa Orte, Musik, Texte und Symbole anbelangt, während gleichzeitig die Bindung an eine bestimmte Tradition abnimmt. „Zum einen ist die Frage nach individueller statt kollektiver Bedeutung von Tod und Leben gewachsen“, so Winkler, was sich in dem Wunsch, eine Bestattung stark individuell zu gestalten, ausdrücke, „was ich durchaus begrüße“. Zum anderen gehe damit aber eine starke Verunsicherung einher. „Der Einzelne ist überfordert das aufzufangen, was einst unhinterfragte Traditionen geleistet haben.“ Die Kompetenz in den Kirchen liege in der praktischen Arbeit darin, sich in der Seelsorge ganz dem Einzelnen zuzuwenden und liturgisch kompetent eine individuelle Anbindung an tradierte Formen zu übermöglichen.

So arbeiten die „Christen im Nassauer Land“ zurzeit nicht nur an einem gemeinsamen Erkennungszeichen für ihre Zusammenarbeit, sondern auch konkret inhaltlich an zehn Veranstaltungen, mit denen von Herbst 2012 bis Herbst 2013 das Thema „Sterben und Tod“ aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet wird: ethische Fragen rund um Organspenden und die Feststellung des Hirntods werden aufgegriffen sowie die würdevolle Sterbe-Begleitung in der Palliativmedizin vorgestellt. Exkursionen zum Krematorium in Dachsenhausen sowie in das für seine außergewöhnliche Grabkultur bekannte Wien sind ebenso Bestandteil der Reihe wie die Aufführung von Mozarts Requiem in der St. Bonifatiuskirche Nassau, die Beschäftigung mit Tod und Trauer in Musik, Literatur und Film sowie die Bedeutung des Todes in Christentum und Buddhismus. Bernd-Christoph Matern

thumb_1a-oeknl0212-planung2Mit den Sorgen und Nöten Sterbender und Trauernder sind sie alle vertraut: Jetzt arbeiten katholische und evangelische Seelsorger an einer Veranstaltungsreihe, die dem Thema mehr Beachtung in der Öffentlichkeit schenken soll (von links): Pater Peter Egenolf, Pfarrerin Andrea Beiner, Pater Peter Harr, Pastoralreferent Michael Staude und Pfarrerin Antje Dorn. Fotos: Matern