Christen, Juden und Muslime in Bad Ems für Frieden vereint Drucken E-Mail

thumb_1a-fmbe131116archetaufe_becrima-BAD EMS/RHEIN-LAHN. (21. November 2016) Aus vier Richtungen gingen sie mit Lichtern und Laternen in der Hand quer durch Bad Ems zur katholischen Martinskirche: evangelische, katholische und russisch-orthodoxe Christen, Juden und Muslime, die in diesem Jahr am Bad Emser Friedensmarsch teilnahmen. Neben Vertretern der Religionsgemeinschaften hatte erstmals auch der Beirat für Migration und Integration des Rhein-Lahn-Kreises zu der Friedensaktion in der Kreisstadt aufgerufen.

thumb_1a-fmbe131116kircheviele_becrima-Menschen zu lieben, die einen selbst lieben, sei keine Herausforderung, wohl aber „Feinde zu Freunden zu machen“, sagte der evangelische Pfarrer von Bad Ems Armin Himmighofen am Zielort des Friedensmarsches in der Martinskirche. „Wir können der Welt helfen, der Bosheit zu wehren“, so der Theologe. „Wenn jemand einen Menschen tötet, ist es, als hätte er die ganze Welt getötet; wenn jemand einem Menschen das Leben rettet, ist es, als hätte er die ganze Welt gerettet“, zitierte in türkischer Sprache die Vorsitzende des Migrationsbeirates Filiz Achhammer aus dem Koran.

Übersetzt von Ute Wagner mahnte sie, Religion nicht zur Gewalt zu missbrauchen. Es brauche vielmehr Menschen, die Gott als einen Gott der Liebe und des Friedens verkünden. „Allzu lange wohnte meine Seele bei denen, die den Frieden hassen“, hatte zuvor im voll besetzten Gotteshaus Wolfgang Dorr von der jüdischen Gemeinde Neuwied-Mittelrhein in Hebräisch eine Bibelstelle wiedergegeben, die vor Verleumdung und falschen Zungen warnt.

Im Mittelpunkt der ökumenischen Andacht stand ein Bild von der Arche Noah von Sieger Köder „Das Ende der Sintflut“, das vom Dunkel am unteren Rand bis zum hellen Regenbogen am oberen voller Symbolik steckt, wie der katholische Pfarrer Michael Scheungraber erklärte, ein Sinnbild etwa für Krieg und Frieden, Tod und Leben. An aktuelle Geschehnisse erinnerte der katholische Geistliche, wie die auf ihrer Flucht vor Krieg ertrinkenden Menschen im Mittelmeer und den in diesem Zusammenhang zynisch klingenden Ausspruch „Das Boot ist voll“.

Die Taube, die Noah und seiner Arche Festland ankündigte, stehe hingegen für die frohe Botschaft des Friedens. Armin Himmighofen knüpfte daran an: Noah stehe über den Ruinen einer verlorenen Welt. Erst da beginne Noahs eigentlich Geschichte und Verantwortung. „Jeder Anfang bietet eine große Chance.“

thumb_1a-fmbe131116lichter_becrima-Orgelmusik, Gebete, Lesungen und Lieder in unterschiedlichen Sprachen prägten die ökumenische Andacht. Auch der Priester der russisch-orthodoxen Gemeinde Boris Zdrobau stimmte mit seinen Gemeindegliedern ein eindringlich gesungenes Gebet im Kirchenschiff an. Mit einem Gedenken an die vielen Toten und das Leid, das von Gewalt, Hass und Kriegen in unmittelbarer Nähe wie auf der ganzen Welt ausgeht, hatte nach Ankunft der vier Gruppen an der Kirche die Initiatorin Dr. Hildegard Simons erinnert. Sie dankte allen, die sich an dem ökumenischen Friedensmarsch beteiligt hatten und betonte noch einmal, wie wichtig es ist, für den Frieden auch einzutreten. Landrat Frank Puchtler bezeichnete Friedensmarsch und Andacht im Anschluss als ein starkes Zeichen für Verbundenheit und Versöhnung.

Vor zwei Jahren animierten die Bilder von den gewalttätigen Auseinandersetzungen in der Ukraine, in Israel und Palästina sowie vom Krieg in Syrien und im Irak die Glaubensgemeinschaften zu dieser gemeinsamen Gebetsaktion erstmals aufzurufen. Bernd-Christoph Matern

Zum Foto (links oben): 
Das Gemälde Sieger Köders „Das Ende der Sintflut“ regte zu Gedanken an, aus den Ruinen einer verlorenen Welt Frieden entstehen zu lassen. Fotos: Matern