Einmalig: In Nassau wurde Stradivari des Orgelbaus eingeweiht Drucken E-Mail

thumb_1a-oena160918west_becrima-thumb_1a-oena160918orgelhoch_becrima-NASSAU/RHEIN-LAHN. (25. September 2018) Eine voll besetzte Nassauer Johanniskirche und ein voller und völlig neuer Orgelklang – so wurde mit einem festlichen Gottesdienst und einem hörenswerten Konzert das von der Orgelbaufirma Rowan West aus Altenahr im Klangtypus einer norddeutschem Barockorgel geschaffene Instrument eingeweiht. Vor einem Jahr erklang letztmals die nach Osteuropa verkaufte Vorgängerin. Ein Erlebnis, das sich viele Menschen nicht entgehen lassen wollten.

Kein Wunder: Es dauert im Normalfall Generationen, bis die Menschen einer Kirchengemeinde den Neubau einer Orgel miterleben dürfen. Und in Nassau kommt die Einzigartigkeit des Instruments noch hinzu. „Ich weiß gar nicht, ob sie ermessen können, was hier nach Nassau gekommen ist und was es für mich bedeutet, diese Orgel zur Einweihung spielen zu dürfen“, urteilte Orgel-Experte Professor Martin Böcker aus Stade über das neue Instrument, das der aus Australien stammende Orgelbaumeister West und sein Team in Nassau schuf. „Das ist eine Stradivari unter den Orgeln“, lobte er das Hand- und Kunstwerk mit seinen 25 Registern inklusive der fünf Pedalregister als ein Instrument von ganz großer Qualität.

thumb_1a-oena160918kreuzvh_becrima-Der hochkarätige Organist erläuterte die Disposition der Orgel, also die Klangfarben der Pfeifen in Hauptwerk, Positiv und Pedal und deren Kombinationsmöglichkeiten. Nach der Theorie folgte mit Werken von Buxtehude, Anthoni van Noordt, Georg Böhm und Johann Sebastian Bach die eindrucksvolle Praxis. Wie ein Orchester, das in unterschiedlichen Besetzungen den Charakter der Kompositionen im Kirchenschiff verströmen ließ, bediente Böcker Pedale und die beiden Manuale und zog die entsprechenden Register. Dulcian, Trompete, Viola da Gambe, Gemshorn sowie Rohr- und Spitzflöte – der Facettenreichtum des Klangs entfaltete eindrucksvoll seine Wirkung im Kirchenschiff. „Und sie haben noch nicht mal die Hälfte dessen gehört, was an Klang möglich ist“, so Böcker.

Gemeindepfarrer Stefan Fischbach dankte nicht nur dem Organisten und den Orgelbaumeistern für ihr Werk, sondern auch den ehrenamtlich engagierten Kräften wie denen im Orgel-Ausschuss, die dafür sorgten, dass der schon Ende der 1990-er Jahre gefasste Orgelbau-Beschluss des Kirchenvorstandes nun in die Tat umgesetzt wurde. Zudem sei die Verwirklichung unzähligen Einzelspenden zu verdanken und einer Reihe von Sponsoren wie der Leifheit-Stiftung, die in die rund 400.000 Euro-Investition flossen. Allen voran nannte Fischbach den Nachlass der ehemaligen Nassauerin Marianne Meves, die 2015 verstorben ist und die ihr Erbe für die Johanniskirche zur Verfügung stellte. Aus diesen fast 300.000 Euro wurden mehr als die Hälfte der Kosten für die Orgel bezahlt. Viele Gruppen und Kreise arrangierten außerdem Veranstaltungen und Projekte, deren Erlös dem neuen Instrument zugute kommt.

In seiner Predigt hatte Fischbach zuvor die Orgel als ein Instrument zum Lobe Gottes beschrieben, deren noch so virtuose Beherrschung durch den Organisten der Virtuosität der Liebe Gottes diene. Außerdem könne die Orgel in ihrem Aufbau und in ihrer Funktion als ein Sinnbild für die Kirche und die Gemeinde angesehen werden, die mit ihrem vielfältigen Klang für die unterschiedlichen Gaben in einer Gemeinde stehe und die sich vom Geist Gottes wie bei der Windlade der Orgel vereinen und zum gemeinsamen Tönen bringen lassen. Schon im Gottesdienst hatte Böcker vor allem mit den schönen Zungenregistern den Gemeindegesang begleitet.

Nach dem Konzert nutzten noch einmal zahlreiche Besucher die Möglichkeit, sich die neue Orgel aus der Nähe anzuschauen. Zahlreiche Organisten hätten bereits ihr Interesse bekundet, an dem Instrument ein Konzert zu geben, so Fischbach. Die drei Dekanatskantoren Martin Samrock, Ingo Thrun und Markus Ziegler werden den Reigen am Sonntag, 28. Oktober eröffnen. Bernd-Christoph Matern

Einen Bericht über den Bau der neuen Nassauer Orgel finden Sie auch hier.

Zum Foto (rechts oben): Für Orgel-Professor Martin Böcker aus Stade (rechts) war es eine unermessliche Freude, das von Orgelbaumeister Rowan West (Mitte) und dessen Team – hier mit seinem Mitarbeiter Michael Froembgen – geschaffene Instrument zur Einweihung spielen zu dürfen. Fotos: Bernd-Christoph Matern