Evangolische Einblicke zu Luthers Leben beim Talk im Keller Drucken E-Mail

thumb_1a-tik140317a_foto-cmetzmacher-NASSAU/RHEIN-LAHN. (10. April 2017) Was evangelische und katholische Christen von Martin Luther lernen können und was der Reformator mit Donald Trump gemeinsam hat, darum ging es unter anderem beim „Talk im Keller“, zu dem die Ökumene im Nassauer Land ins Günter-Leifheit-Kulturhaus nach Nassau eingeladen hatte.

Der evangelischen Dekanin Renate Weigel (Dekanat Nassauer Land) und dem katholischen Theologen Christopher Paul Campbell (katholische Erwachsenenbildung Rhein-Lahn/Westerwald) entlockte Moderator Bernd-Christoph Matern eine Reihe „evangolischer“ Einsichten, wie Luthers Leben und Wirken durch die evangelische und die katholische Brille betrachtet heute noch in die Gesellschaft wirkt.

Als einen „Solitär“ bezeichnete Campbell den Reformator, dessen Bedeutung dem in einer sehr katholischen Region aufgewachsene Theologen erst als Erwachsener bewusst wurde. „Vorher habe ich ihn immer mit Martin Luther King verwechselt“, schmunzelte Campell. Beeindruckt zeigte er sich von der sehr mutigen, manchmal auch radikalen Art, mit der er seine Position vertrat, ohne Angst ums eigene Leben, wohl wissend, an welchem Abgrund er steht.

Renate Weigel skizzierte in einem Impulsvortrag, welche Rolle Luther für sie hatte von ihrer Kindheit über das Theologiestudium bis ins Berufsleben hinein. Sie zeigte sich beeindruckt, wie sich der Augustinermönch durch nichts mehr von Gott habe abbringen lassen. Schon als Kind habe sie durch Luthers Lieder eine Ahnung von Mut und Freiheit bekommen. Wenngleich er zur Demokratisierung von Kirche beigetragen habe (Weigel: „Es gibt kein oben und unten; die sich versammeln, sind Priesterinnen und Priester“), sei er später bitter und gegenüber Juden gar „zu Beton geworden“, sparte Weigel eine Schattenseite seines Wirkens nicht aus. Eine andere Erkenntnis aus ihrer evangelischen Sicht: „Wasser tut's freilich nicht; Glaube ist etwas, das verstanden werden will.“ 

Als typisch katholische Eigenschaft, an der sich Evangelische „eine Scheibe abschneiden können“, wie Matern fragte, nannte Weigel, „dass er ein unglaublich treuer Mensch war“, wie sich auch viele Katholiken mit ihrer Kirche verbunden fühlten. Allerdings habe sich diese Eigenschaft später zur Starrheit entwickelt. Evangelischen fehle dagegen manchmal die Klarheit, was ihnen typisch evangelisch ist. Evangelische Religiosität komme oft verkopft daher, während sich Katholiken auf mehr Spiritualität verstünden. Für Campbell trug der Geist Luthers zu einem intellektuellen Zugang zur Religion bei. Katholische Kirchengemeinden sollten immer vor Augen haben, dass sie es mit Individuen zu tun haben, zog er eine Lehre aus der Reformation. „Die damalige Kirche wäre aber sicher auch ohne Luther untergegangen“, so Campbell, auch wenn dieser die Grundlagen zur Reformation durch sein furchtloses Auftreten gelegt habe.

Zur Sprache kam in der lebhaften und facettenreichen Diskussion auch ein Vergleich mit populistischen Politikern heutiger Tage. „Luthers Sprache konnte sehr grob sein“, erklärte Weigel. Aber im Gegensatz zu einem Donald Trump „waren Luthers Schecks immer gedeckt“. Beide Theologen bedauerten, dass religiöse Reformation vor 500 Jahren wie heute mit Gewalt einhergehe, weil jeder die absolute Wahrheit für sich beanspruche. Es könne auch ohne gehen, meinte Weigel, „wenn der Respekt vor dem, was nicht meins ist und die Barmherzigkeit, die nach heutigem Verständnis zur Religion dazugehört“, Platz bekämen.

Wer sich für den katholischen Blick auf Luther genauer interessiert: In Eisenach im Lutherhaus ist eine Ausstellung ab dem 12. April zum Thema zu sehen. Titel: „Ketzer, Spalter, Glaubenslehrer“. Mehr dazu finden Sie hier .

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Diskutierten im Kulturkeller in Nassau, was sich evangelische und katholische Christen von Martin Luther und der Reformation heute abschauen können: (von links): die evangelische Theologin Dekanin Renate Weigel, Moderator Bernd-Christoph Matern und der katholische Theologe Christopher Campbell. Foto: Claire Metzmacher