Glaube, Twitter, Facebook machen Schule im Dekanat Nassauer Land Drucken E-Mail

thumb_1a-smt280416presseoto_ekhnRHEIN-LAHN. (4. Mai 2016) Wenn immer weniger Menschen in die Kirche kommen, muss Kirche zu den Menschen gehen. Auf diese einfache Formel lässt sich eine Tagung zur Nutzung neuer digitaler Kommunikationsformen bringen, zu der die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ins südhessische Dreieich eingeladen hatte. Auch Kirchengemeinden aus dem evangelischen Dekanat Nassauer Land holten sich dort Anregungen für den Einsatz moderner Medien wie Facebook, WhatssApp, Youtube oder Twitter in ihrer Kirchengemeinde und ließen ihre Lust auf eine digitale Reformation wecken.

"Eine Gemeinde lebt vom Mitmachen, vom Austausch“, erklärt Martin Winkler aus Gückingen; über neue Medien könnten Menschen erreicht werden, die zwar keine Kirchgänger seien, sich aber trotzdem fürs Gemeindeleben interessieren. Das 27-jährige Mitglied des Kirchenvorstands der evangelischen Kirchengemeinde St. Peter zu Diez erhoffte sich von der Teilnahme an der Tagung neue Ideen für die eigene Internet-Präsenz und den Facebook-Auftritt der Kirchengemeinde. „Man bewegt sich als Kirchengemeinde in dem sozialen Netzwerk ja doch noch super unbeholfen; da war der Austausch auf der Messe sehr bereichernd“, lautet Winklers Fazit.

Netzwerke wie Snapchat oder Periscope seien wohl weniger geeignet. „Wir wollen uns jetzt lieber mal thumb_1a-smt280416_fotoekhnauf Facebook konzentrieren“, sagt Winkler und ist da auch mit seiner Pfarrerin Michelle Siebers einer Meinung. Für die ist es bereits seit einiger Zeit selbstverständlich, sich mit ihren Konfirmandinnen und Konfirmanden per WhatsApp auszutauschen. „Das hat heute Jede und Jeder, und es ist viel einfacher, in solch einer Gruppe organisatorische Dinge und Termine abzusprechen“, so die Theologin. Das gelte nicht nur für die Jugendlichen. „So haben sich die Konfi-Eltern beispielsweise auch über den Blumenschmuck verständigt.“

Während junge Leute sehr flexibel in der Präsenz Sozialer Netzwerke seien, nutze die Mehrheit der Eltern Facebook. In Verbindung mit der Website der Kirchengemeinde soll deshalb auch diese Präsenz stärker als bisher genutzt werden. „Vielleicht lassen sich da auch unsere Kindergärten einbinden“, hofft Martin Winkler. „Nur wenn sich viele Leute mit vielen Themen beteiligen, dann lebt ein solcher Auftritt.“ Die digitalen Kommunikationsformen würden mit zu einem bunten lebendigen Gemeindeleben beitragen.

Für ein stärkeres Engagement der Kirche in den sozialen Medien hatte sich während der Tagung der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm ausgesprochen. Per Video-Botschaft erklärte er vor den mehr als 200 Teilnehmenden, wie wichtig es heute sei, „dass die Kirche sich vernetzt, nah bei den Menschen ist und eng mit ihnen kommuniziert“. Die Nutzung der digitalen Netzwerke wie facebook oder twitter sei zudem eine Möglichkeit, in der Öffentlichkeit die positiven Seiten der Kirche deutlicher zu zeigen. „Wir müssen mehr von all dem Segen darstellen, der aus unserem kirchlichen Handeln erwächst. Die sozialen Medien spielen dabei für mich eine ganz wichtige Rolle“, sagte Bedford-Strohm. Den Teilnehmenden der Tagung rief er zu: „Lasst Euch was Gutes einfallen, damit wir die Kraft des Evangeliums in der heutigen Zeit noch besser rüberbringen.“

thumb_1a-smtkaessmann_foto-ekhnNach Ansicht von Margot Käßmann, Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017, müssen die modernen Medien ebenfalls eine zentrale Rolle in der Zukunft der evangelischen Kirche spielen. „Wir sollten die neue Technologie mutig aufgreifen“, sagte sie in ihrem digitalen Video-Grußwort zur Tagung in Dreieich. So habe bereits die Reformation eine seinerzeit bahnbrechende Technologie genutzt. Ohne den Buchdruck, der damals neu aufkam, hätten sich die Ideen des Reformators Martin Luther nicht in dem Maße verbreiten lassen. „Die Reformation war auch eine Medienrevolution“, so Käßmann. Die sozialen Netzwerke seien heute eine besondere Chance, auch Menschen zu erreichen, die der Kirche fern stünden. „Die Reformation muss weitergehen. Das gilt auch für die Medien und die Kirche“, so Käßmann.

Die frühere Hannoversche Bischöfin ging auch auf die Schattenseiten der sozialen Netzwerke ein und erklärte, dass es bei aller Begeisterung auch wichtig sei, „die eigene Persönlichkeit zu schützen“.

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung sagte in einer Live-Schaltung, dass es eine „faszinierende Entwicklung“ sei, wie sich das Internet in nur zwei Jahrzehnten vom „Informationsmedium zum Kommunikationsmedium“ gewandelt habe. Es sei heute wichtig, Chancen und Schwierigkeiten in den Blick zu nehmen. So könnten soziale Netzwerke auch zum „Hort der Wut und des Hasses“ werden. Gleichzeitig schlug er vor, noch mehr auszuloten, wie soziale Medien in der Seelsorge genutzt werden könnten. Es sei nötig, dass die evangelische Kirche ihre Kommunikationsstrategie weiterentwickele. Und es sei im Zeitalter der digitalen Vernetzung genauso nötig, „dass jede und jeder Einzelne eine persönliche Kommunikationsstrategie entwickelt“.

Mehr über die Tagung unter dem Titel „one wird, one world, one work“ sowie Informationsmaterial finden Sie hier