Holocaust-Gedenktag: Stiftung Scheuern nennt Karl-Todt-Haus um Drucken E-Mail

thumb_1a-vergissmichnichtundkomm1thumb_1karl_todt_haus_0021NASSAU/RHEIN-LAHN. (27.Januar 2012) Der Vorstand der Stiftung Scheuern hat beschlossen, das Karl-Todt-Haus auf dem Nassauer Lahnberg wieder in „Haus Lahnberg“ umzubenennen. Im Zusammenhang der Aufarbeitung der Stiftungsgeschichte der Jahre 1933 bis 1945 erscheint es den Verantwortlichen nach reiflicher Abwägung problematisch, ein Haus der Stiftung nach dem damaligen Direktor Karl Todt weiterhin zu benennen, erklärte die Stiftung mit Blick auf den heutigen internationalen Holocaustgedenktag und den bundesweiten Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.

Der Vorstand der Stiftung Scheuern möchte mit der Namensänderung ein deutliches Zeichen setzen, dass der in der Stiftungssatzung genannte Geist des Evangeliums unvereinbar ist mit der menschenverachtenden NS-Ideologie in Vergangenheit und Gegenwart. Karl Todt war von 1920 bis 1945 Direktor der Heilerziehungs- und Pflegeanstalt Scheuern, also auch in den Jahren, als die Anstalt von den Nationalsozialisten zur Zwischenanstalt vor den Euthanasie-Tötungseinrichtungen umfunktioniert worden war. Nahezu 1.500 Menschen traten von dort aus den Weg zu ihrer systematischen Ermordung in den NS-Tötungsanstalten an, die meisten nach Hadamar.

Die Jahresberichte der Stiftung zeigten ab 1933 erschreckend deutlich, wie sehr der damalige Direktor das NS-Regime begrüßt und wie sehr er auch den Boden für die NS-Ideologie in der damaligen Anstalt mit bereitet habe. Auch wenn ab 1937 der Vorsitz der Anstalt an einen SS-Sturmbannführer und Landesverwaltungsrat überging und Karl Todt nach dem Krieg in zwei gerichtlichen Instanzen von der Anklage, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Beihilfe zum Mord begangen zu haben, freigesprochen wurde, so sei der Name Karl Todts doch verbunden mit der Verantwortung für die Geschehnisse in der Stiftung zur NS-Zeit. Deshalb soll ab sofort das nach ihm benannte Haus wieder seinen ursprünglichen Namen „Haus Lahnberg“ tragen.

Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus wurde am 3. Januar 1996 durch Proklamation des Bundespräsidenten Roman Herzog eingeführt und auf den 27. Januar festgelegt. Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee die Überlebenden des KZ Auschwitz-Birkenau, des größten Vernichtungslagers des Nazi-Regimes. Der Gedenktag wurde unter anderem bereits seit 1959 in Israel und in Großbritannien offiziell begangen. Am 1. November 2005 erklärte die Generalversammlung der Vereinten Nationen den 27. Januar in einer Resolution offiziell zum Internationalen Holocaustgedenktag.

Herzog hatte in seiner Proklamation damals unter anderem erklärt:

„Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.“