Im Geist der Reformation von Angst und Rattenfängern befreien Drucken E-Mail

thumb_1a-rje231016vh_becima-RHEIN-LAHN. (27. Oktober 2016) Mit einer Andacht und einem Empfang hat das evangelische Dekanat Nassauer Land auf das bevorstehende Reformationsjahr eingestimmt. Das erlebt seinen Höhepunkt am 500. Jahrestag der Veröffentlichung von Martin Luthers Thesen am 31. Oktober 2017. In der evangelischen Martinskirche von Bad Ems griff Dekanin Renate Weigel auch die aktuellen Ängste vor Terroranschlägen und einer Überfremdung der Gesellschaft auf.

 

Die Andacht in der gut besetzten evangelischen Martinskirche von Bad Ems, die von Angst, Engeln, Mut und Befreiung handelte, war Auftakt des bevorstehenden Reformationsjahres, mit dem die evangelische Kirche in Deutschland ab dem 31. Oktober 2016 ein Jahr lang in besonderer Weise an die Veröffentlichung von Martin Luthers 95 Thesen am 31. Oktober 1517 erinnert.

thumb_1a-rje231016weigel_becrima-„Angst durchzieht gerade unsere Gesellschaft. Und schon sind die Rattenfänger da, die ihr Geschäft mit der Angst machen“, sagte Weigel in ihrer Predigt. „Ihr Ton ist respektlos, gnadenlos, verächtlich“, so die Theologin, „weil sie stark tun, ziehen sie die Menschen an.“ Mit Angst reagiere auch die Politik auf diese Situation, anstatt etwa eine geordnete Debatte über ein Einwanderungsgesetz zu führen. Mit solcher Angst gewönnen am Ende „Hölle, Tod und Teufel“, nannte Weigel prägende Begriffe aus der Zeit Martin Luthers.

Zuvor hatte die Dekanin gesagt, dass ein solches Reformationsjahr nicht dazu diene, Luther als evangelischen Heiligen zu küren oder die evangelische Kirche als eine „bessere“ zu rühmen. „Beides wäre gegen die biblische Botschaft und dumm“, erklärte Weigel und erinnerte an die Kindheit und das Heranwachsen Martin Luthers, dessen Erziehung tiefe Angst, Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle in ihn eingepflanzt habe. Erst das Studium der Bibel habe ihm neue Sicherheit und Halt gegeben und befreit, selbst zu denken und Verantwortung zu übernehmen. Aus dieser Freiheit, die der Glaube schenkt, könnten Christen auch heute Verantwortung übernehmen und sich für die Rechte aller Menschen einsetzen.

„Wer Gutes tun will, muss es verschwenderisch tun!“ Mit diesen Worten Martin Luthers begrüßte die ehrenamtliche Vorsitzende des Dekanats Anja Beeres im Anschluss an die Andacht die Gäste in der Kirche. „Wir wollen verschwenderisch umgehen mit den guten Gedanken der Reformation, und wir wollen bei vielfältigen Veranstaltungen viele Bilder der Reformation, der Kirchenmusik, des miteinander Feierns und des miteinander Diskutierens erleben.“ Reformation bedeute für sie, gut und befreit leben zu können, weil sie sich in Gottes Hand gehalten wisse. Diese Gewissheit setze aber auch in Bewegung, wachsam zu sein, die Rechte anderer zu schützen und Schwachen beizustehen.

Anschließend entlockte Öffentlichkeitsreferent Bernd-Christoph Matern als Moderator einigen Gästen ihre Sicht auf Reformbedürftiges in Kirche, Welt und Kommunalpolitik. Für Landrat Frank Puchtler seien Reformation und auch Reformen in der Politik ein fortwährender Prozess, der im vernünftiger Miteinander gemeistert werden müsse. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bad Ems Josef Oster betonte, dass für ihn auch das Hinterfragen der eigenen Position ein wichtiges Element der Reformation sei. Lothar Bindczeck, Mitglied der Diözesanversammlung des Bistums Limburg, sprach ganz konkrete Reformen an. So wünsche er sich vor allem Lösungen für konfessionsverschiedene Ehen in Fragen des Abendmahls.

thumb_1a-rje231016bonbons_becrima-Anschließend wurden Schwerpunkte des Reformationsprogramms vorgestellt, bevor die Gäste die Chance nutzten, über das zuvor Angedachte zu sprechen oder das Jahresprogramm zum Reformationsjubiläum durchzublättern. Die Dekanatskantoren Ingo Thrun an der Orgel und Markus Ziegler am E-Piano sorgten für die passende musikalische Umrahmung von Andacht und Empfang.

Die Reformationsbroschüre des Dekanats mit Terminen und Veranstaltungen bis zum 31. Oktober 2017 finden Sie hier .