Jugendaustausch: Frieden muss von unten wachsen Drucken E-Mail

thumb_1austauschkreishaus2thumb_1israel3RHEIN-LAHN/BAD EMS. Zwei Wochen war Bad Ems Ziel einer außergewöhnlichen Austauschreise von Schülern. Jeweils acht jüdische und arabische Schüler trafen dort mit 16 Schülern des Goethe-Gymnasiums zusammen, um sowohl den Frieden im Nahen Osten zu fördern als auch die Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen. Die Begegnung auf neutralem Boden sei zu einem kleinen „Friedenskeimling“ für den Nahen Osten geworden, sagte Dr. Holger Delkurt, evangelischer Schulpfarrer am Goethe-Gymnasium und Initiator des Projektes, das von der evangelischen Kirchengemeinde Bad Ems unterstützt wurde.

Delkurt plant einen Gegenbesuch der deutschen Jugendlichen im kommenden Jahr. In der knapp bemessenen Freizeit seien sich Deutsche, Juden und Araber bei Volleyball, Grillpartys, Shopping-Touren und abendlichen Kneipenbesuchen näher gekommen. „Vor dem Projekt hat jeder mit seinen Vorurteilen über den anderen gelebt – jetzt konnten wir uns jenseits politischer Meldungen und den Schlagzeilen in den Medien kennen lernen“, erklärte die Jüdin Marwa Usman.

thumb_1ipmuseum„Das Eis ist gebrochen“, beobachtete Ahmad Abu Elhija von der palästinensischen Highschool eine wachsende Annäherung zwischen jüdischen und arabischen Projektteilnehmern. Er und der Direktor der jüdischen Highschool Igal Goshen hoffen auf bleibende Kontakte sowohl zwischen Palästinensern und Juden in Israel als auch zwischen Deutschen und israelischen Jugendlichen. „Wir haben hier auf menschlicher Ebene miteinander gesprochen; nur das kann die Zukunft für einen dauerhaften Frieden bringen“, so Gosher.

thumb_1ipheimescheuernDie acht jüdischen und acht palästinensischen Schüler setzten sich gemeinsam mit den 16 Schülern des Goethe-Gymnasiums, bei denen sie untergebracht waren, mit den Themen Menschenwürde und Zivilcourage im Nationalsozialismus auseinander. Bei Besuchen in den Heimen Scheuern, einer der größten Behinderteneinrichtungen in Rheinland-Pfalz, in der ehemaligen NS-Tötungsanstalt in Hadamar sowie einem dreitägigen Besuch der EU-Kommission in Brüssel lernten sich nicht nur die deutschen und israelischen 16- und 17-Jährigen kennen, sondern auch palästinensische und jüdische Schüler. Die leben in Israel in der Region um Haifa zwar nur wenige Kilometer voneinander entfernt, sind sich vorher aber noch nie begegnet.

Nach dem Rückflug nach Israel werde das Internet als Verbindung zwischen einigen der Jugendlichen dienen, so Delkurt. Aber Lea Zerbach aus Arzbach freut sich auf einen Gegenbesuch im kommenden Jahr in Israel. Von einer „großen freundschaftlich verbundenen Familie“, zu der alle in den zwei Wochen zusammengewachsen seien, sprach die Palästinenserin Ghosoon Raed Khaleb, die bei ihr wohnte. David Abt, der den Palästinenser Jamal Youist Knanek in Bad Ems beherbergte, ist sich sicher, dass nur bei jungen Leuten die Basis für den Frieden gelegt werden könne. „Der Autausch ist sicher ein kleiner aber wichtiger Schritt, das Klima zwischen Juden und Moslems in Israel zu verbessern.”

Zum Abschluss des Projektes am Wochenende berichtete der Präsident der deutsch-israelischen Gesellschaft, Dr. Johannes Gerster, über seine Erfahrungen in Israel als Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Jerusalem. „Hier ist ein Stück Friedensarbeit für den Nahen Osten geleistet worden”, sagte Gerster vor den 300 Oberstufenschülern des Bad Emser Goethe-Gymnasiums. „Jeder Versuch, Araber und Juden außerhalb politischer Wege zusammenzubringen, ist ungemein wichtig“, so der Politiker aus Mainz, der sich auch nach seiner neunjährigen Tätigkeit in der CDU-nahen Stiftung noch um den Ausgleich zwischen Israelis und Palästinensern bemüht.

thumb_1ipgerster„Das Vertrauen unter den Menschen, zu dem euer Projekt beiträgt, fehlt im Nahen Osten am Meisten.“ Friede könne nicht von oben verordnet werden, er müsse von unten und unter jungen Menschen wachsen. Der langjährige Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Israel verglich die Situation in Nah-Ost mit der deutsch-deutschen Geschichte, in der kein Bad Emser die Menschen in Bautzen gekannt habe. „Wer den anderen aber nicht kennt, kann leichter Opfer von Scharfmachern werden“, so der Politiker, gerade wenn die Lebensverhältnisse zwischen jungen Palästinensern und Israelis so weit auseinanderklaffen. Nur das Nebeneinander zweier gleichberechtigter Staaten könne zum Frieden beitragen. (bcm)

Seine Erlebnisse und Erfahrungen im Nahost-Konflikt hat Gerster in einem Buch veröffentlicht: „Meine Briefe aus Jerusalem“, Leinpfad-Verlag, ISBN 3-937782-30-3.