Junge Afrikaner nehmen Freundschaften und Ideen mit nach Mabira Drucken E-Mail

thumb_1a-mabirahey310715b_co-becrima-thumb_1a-mb290715_121248_katama-RHEIN-LAHN. (21. August 2015) In den Ferien zieht es viele junge Leute für viel „Fun“ in die Ferne. Anders machten es acht 18- bis 30-Jährige aus dem Rhein-Lahn-Kreis. Sie empfingen weit gereiste Gleichaltrige aus Tansania. Der vor zwei Jahren gestartete Jugendaustausch des evangelischen Dekanats Nassau ging mit dem dreiwöchigen Besuch der Gäste aus dem Distrikt Mabira in die zweite Runde: Viele neue Eindrücke, Bilder und Informationen erlebten die Afrikaner.

thumb_1a-mb300715golf2_becrima-thumb_1a-mb080815lachen_becrima-Aber der Spaß mit ihren deutschen Gastgebern kam im Nassauer Land ebenfalls nicht zu kurz. „Es war, als hätte man sich gestern erst gesehen“, sagt Jonas Jacob. Der 30-Jährige aus Nievern war vor zwei Jahren zum ersten Mal in Mabira, um dort Gleichaltrige und deren Lebensalltag im Norden Tansanias kennen zu lernen, einer Region, wo es weder Strom noch fließendes Wasser gibt. Mit 30 ist er zwar nun dem „Jugendaustausch-Alter“ entwachsen, hofft aber, „dass wir über die modernen Medien in Kontakt bleiben“.

Er ist nicht der einzige, der sich über manch bekannte Gesichter freute. „Dieser Gegenbesuch hat unsere Freundsthumb_1a-mb070815ffspass_becrima-chaft noch einmal deutlich gefestigt“, so David Metzmacher (21) aus Dausenau während eines Abschlussgespräches mit den afrikanischen Partnern in Nassau. Vor zwei Jahren ebenso beim Workcamp in Mabira dabei: Viktoria (26) und Sebastian (22) Köpper aus Bad Ems, Katharina Matern (21) aus Singhofen und Sascha Christ (30) aus Kördorf. Zu einer Stippvisite war auch Benjamin Stock von seinem Studienort München angereist.

„Ich finde die Idee einfach toll, Menschen aus einem völlig anderen Kulturkreis kennen lernen zu dürfen“, begründet Sarah Fischer (18) aus Diez, warum sie gleich Feuer und Flamme für das Jugendprojekt des Partnerschaftskreises war und drei Wochen Ferien vom Sophie-Hedwig-Gymnasium dazu nutzte, die jungen Frauen und Männer aus Tansania zu begleiten. Und wie Sarah freuen sich auch die beiden anderen Neulinge im Jugendaustausch, Seraphina Hennemann und Olivia Hirschberger aus Singhofen (beide 18), nicht zuletzt auf ihren ersten Besuch in Mabira in zwei Jahren. Andere junge Interessenten wie die 13-jährige Laura aus Kördorf knüpften ebenfalls erste Kontakte.

thumb_1a-mb15-freibadna2_tkthumb_1MB15kanutour_fotoTKthumb_1a-mb070815ff11_becrima-Vor allem die gemeinsam verbrachte Freizeit bei einer Kanutour auf der Lahn, Besuchen im Freibad und der Bolzplätze mit den fußballbegeisterten Gästen brachte Spaß und schweißte zusammen. „Ich glaube, ich hab den guten Geist Gottes unterschätzt, als ich mir vor zwei Jahren wünschte, dass ein oder zwei Freundschaften entstehen, wenn wir eine Jugendpartnerschaft aufbauen“, zog Dietmar Menze ein Fazit der Begegnung. Er wollte als Initiator des damaligen Workcamps eine Weiche für die Zukunft der mittlerweile seit 34 Jahren bestehenden Partnerschaft zwischen dem Distrikt Mabira und dem evangelischen Dekanat Nassau stellen. „Jetzt sehe ich sechs und mehr junge Leute, die in zwei Jahren wieder nach Mabira reisen möchten, um den Austausch fortzusetzen. Das ist wunderbar!“

thumb_1a-mb15kreuzimmern1_tkthumb_1a-mb15kreuzwu_becrima-thumb_1a-mb070815alle_becrima-David Metzmacher machte deutlich, dass die Partnerschaft keine Einbahnstraße ist. Für ihn stimmte nicht nur die Balance zwischen Information und Unterhaltung; ihn haben die Gäste auch im Glauben bestärkt: „Man spürt ihnen ab, dass sie glauben, von dem sie singen und predigen.“ Mit ihrem tollen mehrstimmigen Gesang hinterließen die Gäste überall einen einzigartig bewegenden Eindruck. Großes Pech hatte eine der afrikanischen Teilnehmerinnen, die wegen einer Erkrankung fast zehn Tage das Bett in einem Krankenhaus in Lahnstein hüten musste. Nicht nur die mitgereiste Leiterin der Krankenstation Mabira, Emiliana Bwenge, auch die Gleichaltrigen besuchten sie dort. Ihr strahlendes Lächeln sowie herzhafte Umarmungen zeigten, dass sie zumindest die zweite Hälfte des Besuchs sichtlich genoss.

thumb_1a-mb15abflug1_becrima-Dass am Ende der Begegnung so viele Tränen beim Abschied flossen, bewies, wie stark die Freundschaft gewachsen ist. Die erste und die letzte Woche wohnten die Afrikaner bei deutschen Gastfamilien; eine Woche verbrachten sie gemeinsam auf dem Schlopenhof in Hainau. „In dieser Woche mit gemeinsamen Übernachtungen lernten wir uns beim Singen, Fußballspielen und leckeren Mahlzeiten noch besser kennen, was ich ganz wichtig fand“, sagt Katharina Matern. Sie habe es außerdem als große Bereicherung empfunden, die Gäste aus Afrika in der eigenen Familie aufnehmen zu dürfen.

Die Einen spürten, wie schön und kommunikativ es sein kann, gemeinsam wieder einmal zum Frühstücken und Abendessen an einem Tisch zu sitzen anstatt sich von vermeintlich wichtigeren Terminen davon abhalten zu lassen. Die Anderen lernten das reichhaltige Nahrungsangebot thumb_1a-mb080815dank_becrima-thumb_1a-mb080815hymne2_becrima-kennen, wenn man nicht nur auf die Verarbeitung von Kochbananen angewiesen ist. Der Besuch gab Eindrücke vom Familienleben „Made in Germany“ für die Rückkehr in die afrikanische Heimat. „Hier hat ein Mann eine Frau und kümmert sich um sie; bei uns kann er drei Frauen haben und weiß nicht, wie er die Familien ernähren soll“, nahm etwa eine 26-Jährige eine Erkenntnis mit nach Hause. Noch mehr Haushaltseinblicke fürs Kochen, Backen, Säubern hätte sich ihre zwei Jahre jüngere Mitreisende und neue Freundin gewünscht; auch die Gruppe aus Mabira hatte sich größtenteils erst durch die Reise kennen gelernt.

Lang war die Liste an Mitstreitern, denen während eines Abschiedsessens im Gemeindehaus von Kördorf gedankt wurde. Die jungen Deutschen hielten Fotoeindrücke für die Organisatroen Berthold Krebs, Dietmar Menze und Torsten Knüppel parat; auch den fleißigen Köchinnen, die während der Woche auf dem Schlopenhof für die Bewirtung sorgten, dankte das Team. Pfarrer Muberwa Buchwechwe, der den Gastgebern für das Programm und die Gastfreundschaft dankte, erinnerte schließlich an Gott, der die gesamte Partnerschaft und den Jugendaustausch erst ermöglicht habe und auf den bauten beide Seiten für die Zukunft der Beziehungen.

Handwerk gefragt

„Vor allem der Umgang mit Abfall, Abwasser und die Aufbereitung von Trinkwasser sowie insbesondere der Besuch der Handwerkskammer Koblenz waren sehr interessant und hilfreich für uns“, fasste der Leiter der afrikanischen Jugendgruppe, Pfarrer Muberwa Buchwechwe, die Eindrücke zusammen und meinte nach einer Betriebsbesichtigung der modernen Wäscherei der Stiftung Scheuern in Singhofen: „Macht ihr eigentlich noch irgendetwas mit den Händen?“. Interessant für ihn auch der deutsche Umgang mit Abfall. „Bei uns wird der Müll überall einfach hingeworfen.“

thumb_1a-mb050815vg-werke1_becrima-thumb_1a-mb15klaeranlageDas von den jungen Deutschen mit Berthold Krebs, Vorsitzender des Arbeitskreises, Dietmar Menze und dem Dekanatsjugendreferenten Torsten Knüppel (Dekanat Diez) – sie fungierten immer wieder als Übersetzer ins Englische – ausgearbeitete Besuchsprogramm hielt ganz viele informative Besuche für die afrikanischen Gäste bereit. Sie lernten die Werkstätten der Stiftung Scheuern kennen, bekamen Einblicke in die deutsche Forstwirtschaft, eine Imkerei, in die Entsorgung des Hausmülls und des Abwassers sowie in die Trinkwasserversorgung. Landwirtschaftliche Betriebe wurden ebenso besucht wie eine hochmoderne Lackierfirma, die den Besuchern als Erinnerung sogar Namensschilder druckte.

Reichtum und Demografie

thumb_1a-mb15kobahn_co-katama-Wie ist das, wenn Menschen, die in ihrer Heimat weder Steckdosen noch Wasserhähne kennen, ein deutsches Einkaufs-Center besuchen? Die Eindrücke nach einer Tour nach Koblenz fielen unterschiedlich aus. Während den Einen ein solcher Besuch gänzlich fremd blieb, weil sie sich nichts von dem Angebotenen leisten können, fanden Andere den Einblick in die Realität reicher Wirtschaftsnationen durchaus interessant.

Diskutiert wurde zum Abschluss auch über den Bevölkerungszuwachs in Tansania und die demografischen Probleme in Deutschland. Mit steigender Bildung und Ausbildung hoffen die Gäste thumb_1a-mb15070815punkte_becrima-aus Mabira, dass das Durchschnittsalter junger Mütter steigt, während sich die Deutschen wünschten, familiäre Bindungen wieder als wichtiger anzusehen als Geld und Karriere.

Zur Auswertung des Wochenprogramms konnten Punkte verteilt werden für den beliebtesten Programmpunkt. Absoluter Spitzenreiter auf beiden Austauschseiten: die Besuche im Freibad und die Kanutour.

Miteinander beeindruckt

Besonders angetan vom Miteinander der jungen Erwachsenen beider Kontinente zeigte sich Dr. Helga Rau vom Zentrum Ökumene der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Die Landeskirche pflegt eine Partnerschaft mit der evangelisch-lutherischen Kirche in Tansania und trägt die Hälfte der Kosten für die Reise der Afrikaner nach Deutschland. „Es ist bemerkenswert, wie herzlich intensiv die Beziehung der jungen Leute ist“, so Rau.

Vieles an Differenzen bestehe wohl nur im Kopf, sei aber gar nicht bedeutsam, „wenn man sieht, wie die Leute mit Feuer und Flamme dabei sind.“ In der jungen Gruppe würden auch Empfindungen angesprochen, die sonst nicht zur Sprache kämen.

Bernd-Christoph Matern

Lewentz: Zugang zu sauberem Wasser ist Menschrecht 

Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz hat dem Evangelischen Dekanat Nassau eine Landeszuwendung in Höhe von 5000 Euro für den Bau von sechs Wassertanks in der Karagwe-Diözese in Tansania zugesagt. „Wasser ist ein kostbares Gut und die Versorgung mit Wasser ein allgemeines Menschenrecht. Mit den Fördermitteln leisten wir einen wichtigen Beitrag, damit die Menschen in Tansania Zugang zu sauberem Wasser erhalten“, sagte Lewentz.

Zusammen mit dem Mabira-Distrikt, einem Kirchendistrikt in der Karagwe-Diözese der evangelisch-lutherischen Kirche in Tansania (ELCT) plant das Dekanat Nassau ein weiteres Wassertank-Projekt, das die Wasserversorgung der Region verbessern wird. Zwei Wassertanks werden an den Kirchen in den Dörfern Kilaguju (Pfarrei Mabira) und Rwele (Pfarrei Nyamilembe) gebaut. Zusätzlich erhält die Krankenstation Ibama (Pfarrei Mabira) einen Tank. Drei Grundschulen bekommen ebenfalls jeweils einen Wassertank. Die Tanks werden an Gebäuden mit einer verhältnismäßig großen Dachfläche errichtet, damit das Regenwasser maximal aufgefangen werden kann.

Da das gesammelte Regenwasser nicht keimfrei ist, erhält jeder Wassertank am Einlass einen Filter, um zunächst grobe Partikel abzutrennen. Für die weitere Reinigung sorgen Reinigungstabletten und das Abkochen des Wassers vor dem Gebrauch. Traditionell findet die Wasserversorgung durch Tümpel und natürliche Wasseraustritte statt. Dieses Wasser ist jedoch selten sauber, da dort auch die Wäsche gewaschen und das Vieh getränkt wird. Brunnen sind aufgrund der Topographie des Landes sehr aufwendig. „Das Auffangen von Regenwasser ist eine praktikable Lösung der Wasserversorgung. Ein Wassertank kann etwa 40 bis 50 Familien fast ein halbes Jahr einen einfachen Zugang zu sauberem Wasser ermöglichen. In meinen Augen ist dies ein gutes und förderungswürdiges Projekt“, sagte der Minister.

Finanziert wird der Bau der sechs Betontanks durch Spenden, Förderungen und einem Beitrag des Dekanats. Für den Bezug des Wassers soll eine geringe Gebühr erhoben werden. Dieser sogenannte „Wasserpfennig“ fließt in einen Fond, aus dem dann notwendige Reparaturen und Beschaffungen für die Wassertanks finanziert werden sollen. Ähnliche Hilfsprojekte wurden bereits von 2011 bis 2013 in Zusammenarbeit mit „Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst“ durchgeführt.  

Mehr Berichte über die Jugendpartnerschaft finden Sie hier

 

Zum Foto (links oben):
Als Erinnerung an den deutsch-afrikanischen Austausch druckte die Firma Heymann (hier mit Andreas Heymann, links) in Nastätten allen Teilnehmern mittels moderner Technik Namensschilder.

Wasser ist Mangelware in Mabira. Umso glücklicher fielen die vielen Begegnungen mit dem nassen Element bei einer Kanutour auf der Lahn und mehreren Freibad-Besuchen aus. Mit vereinten Kräften wurde unter anderem ein Holzkreuz gezimmert, auch als Symbol und verbindendes Element der Partnerschaft. Fotos: Matern (13), Knüppel (2)