Karfreitag 2017 Drucken E-Mail

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Also hat Gott die Welt geliebt,
dass er seinen eingeborenen Sohn gab,
damit alle, die an ihn glauben,
nicht verloren werden,
sondern das ewige Leben haben.

Johannes 3, Vers 16

 

RHEIN-LAHN. (14. April 2017) Karfreitag 2017. Was am Kreuz von Golgatha geschehen ist, gibt Menschen auch heute noch Halt, Hoffnung und Orientierung. Ein den Menschen zugewandter und sie liebender Gott, der Christen angesichts von Terror und Gewalt in der Welt Hoffnung auf Frieden und Gerechtigkeit macht.

Gedanken von Dr. Volker Jung, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, finden Sie hier .

Zum Foto:
Das Bild zeigt den Gekreuzigten in der evangelischen Kirche von Miehlen. Im Hintergrund ist im Fenster die Taufe Jesu dargestellt.

Für die Leserinnen und Leser von rhein-lahn-evangelisch.de haben wir uns einmal umgehört, um was es überhaupt an Karfreitag und Ostern geht.

Karfreitag entlarvt Gewalt, Angst und Gedankenlosigkeit

Höchstes christliches Fest: Schutz als stiller Feiertag ist christlichen Kirchen wichtig


thumb_1a-kathmartinpeli0915_co-becrima-RHEIN-LAHN. (12. April 2017) Für die mehr als 90.000 Christen im Rhein-Lahn-Kreis begann mit dem gestrigen Gründonnerstag bis zur Osternacht das höchste Fest im Kirchenjahr. Den meisten Protestanten gilt der heutige Karfreitag als wichtigster Feiertag. Der Zahl von Gottesdienstbesuchern ist das nicht anzumerken; sie sank in evangelischen Kirchen der Rhein-Lahn-Region an Karfreitag auf zuletzt knapp unter 4000 Personen; zum Vergleich: allein die evangelischen Heilig-Abend-Gottesdienste wurden 2016 von rund 20.000 Menschen bevölkert.

thumb_1osterlichtoffenkircheUngeachtet dessen bilden Karfreitag und Ostern das Zentrum christlicher Botschaft und machen Christen deutlich, dass Gewalt und Tod nicht das letzte Wort haben. Mit Abendmahlsfeiern erinnerten Christen gestern Abend ans letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern; während dieses jüdischen „Passahmahls“ sah er bereits seinen Tod voraus und forderte sie auf, dieses Mahl immer wieder zu feiern. Die Geburtsstunde der Eucharistie. Manche Gemeinden integrieren dies in eine Agape-Feier, die im gemeinsamen Essen und Trinken auch die Verbundenheit untereinander zum Ausdruck bringt.

Während in evangelischen Kirchen an Karfreitag das Abendmahl ausgeteilt wird, feiern Katholiken erst an Ostern wieder die Eucharistie. „Unsere Liturgie an Karfreitag ist von Ruhe und Trauer geprägt“, erklärt Pfarrer Armin Sturm, Dekan des katholischen Bezirks Rhein-Lahn; auch Glocken und Orgelspiel schweigen beim Einzug. Beide christliche Kirchen treten dafür ein, dass Karfreitag als stiller Feiertag geschützt bleibt, weil es Tage der Erinnerung daran geben müsse, was es an Gewalt, Leid und Tod in der Welt gibt. Sturm: „Das ganze Jahr ist voller Events; da ist es gut, wenn Menschen mal zur Ruhe finden und in sich gehen können.“

Einen Diskurs gibt es unter Theologen, ob Jesu Kreuzestod als blutiges Opfer für die Sünde von Menschen zu verstehen ist; von der „Sühnopfertheologie“ ist da die Rede, die nicht nur in der Bibel, sondern auch in vielen kunstvollen Kirchenfenstern im Kreis aufgegriffen wird. Als Pelikan etwa, der sich in der evangelischen Kaiser-Wilhelm-Kirche in Bad Ems blutig die Federn für seine Jungen herausreißt; in der katholischen Martinskirche der Kurstadt hat Gernot Rumpf 1985 den opfernden Pelikan in den Zelebrationsaltar eingearbeitet. Auch Widder und natürlich Lämmer symbolisieren in den heimischen Kirchen die Opferrolle Jesu.

thumb_1a-wegkreuzmarienfels_co-becrima-thumb_1operlammkwkbe2015_co-becrima-„Wenn schon von Opfer geredet werden soll, dann möchte ich es so sagen: Gott opfert sein Gott-sein, um bei uns Menschen zu sein“, sagt Renate Weigel, Dekanin des evangelischen Dekanats Nassauer Land, zum Karfreitags-Geschehen. „Er geht den Menschen-Weg mit, sieht als der Menschgewordene das Kaputte an uns Menschen und zeigt Wege zur Heilung. Er kann sich auch mitfreuen, kann mitfeiern. Am Ende stirbt er einen bitteren gewaltsamen Tod, weil er nicht abweicht von seinem Mit-Mensch-Sein“, so die Theologin. „Gott gibt sich hin, ist im Leben und im Sterben an unserer Seite. Das berührt mich tief am Karfreitag.“

Aber auch die politische Komponente von Karfreitag ist ihr wichtig: „Gott entlarvt in Jesus, besonders in seinem Tod, die dumpfe Gewalttätigkeit von Menschen, die Angst der Mächtigen und die Gedankenlosigkeit im Volk.“ Gerade weil Jesus sich nicht wehrt, werde das ganze Ausmaß an Überforderung und Hilflosigkeit deutlich. „Jesus solidarisiert sich in dieser Gemengelage mit den Ohnmächtigen, niemals mit den Machthabern. Wenn wir ihm folgen, dann hat das politische Konsequenzen“, so Weigel, die aber vor allem auf Ostern hinweist in der Überzeugung, dass der Tod für Gott keine Grenze ist. Jetzt und hier liege ihr die Auferstehung näher, aus Lähmung, aus Angst, aus Zerstörung, „aus allem, was Leben wegnimmt“. Und Weigel pointiert: „Karfreitag – Jesus stirbt mit mir. Ostern – Jesus steht mit mir auf und lebt mit mir. Beides passiert schon im Leben immer wieder.“

Mit Zweifeln an der historischen Wahrheit der Auferstehung befasste sich der Propst für Süd-Nassau Oliver Albrecht intensiv und stellt fest, dass auch in der kritischen Forschung inzwischen viel selbstverständlicher von einem geschichtlichen Ereignis und nicht lediglich von einer Vision oder einem Traum von Jüngerinnen und Jüngern ausgegangen wird. „Man braucht inzwischen mehr Fantasie, die Auferweckung Christi von den Toten zu leugnen als an sie zu glauben“, sagt Albrecht, dem noch wichtiger ist, dass Menschen dem Auferstandenen begegnen und vertrauen. Albrecht: „Die Kirche ist kein historischer Jesu-Gedächtnis-Verein, sondern lebt in der Gegenwart, Kraft und Nachfolge ihres auferstandenen Herrn“. Bernd-Christoph Matern

Symbole des Glaubens

Es sind nicht nur die Worte in der Bibel und viele Kunstwerke, die ans Leiden, Sterben und die Auferstehung Jesu erinnern. „In der Woche vor Ostern schießen die Bestellungen noch einmal in die Höhe“, sagt Armin Hiller, der seit 18 Jahren in Nassau ein Fischgeschäft betreibt. Er weiß um die Bedeutung des Brauchs, in der Karwoche das Fasten noch einmal zu verstärken und sowohl am „Gründonnerstag“ (der Begriff dürfte sich vom Greinen, dem Weinen ableiten) als auch erst recht an Karfreitag auf Fleisch zu verzichten und Fisch zu servieren. Auch wenn der Trend zum Fisch, den Hiller feststellt, eher kalorienbewusste als religiöse Ursachen haben mag: so wie jeder Sonntag ein kleines Osterfest darstellt, erinnert jeder Freitag als „Fischtag“ an Karfreitag.

Der Hase auf Grabplatten

Dass der Hase nicht nur für Fruchtbarkeit steht und schon vor Erfindung von Osterschokolade als christliches Symbol auftaucht, darauf macht Dekanin Renate Weigel mit Verweis auf ein Buch über christliche Symbole aufmerksam. Dort ist eine Grabplatte aus frühchristlicher Zeit in Rom abgebildet, die sowohl das Christusmonogram als auch einen Hasen zeigt, der an einer Weintraube frisst. Dies sei als Sinnbild schnell verrinnender Lebenszeit zu verstehen, und könne für den Kunstforscher Gerd Heinz-Mohr auf einen Christen hinweisen, „der nach vollbrachtem Lebenslauf die Frucht des ewigen Lebens genießt“.  

Zu den Fotos:
Den Pelikan, der sich für seine Jungen opfert, hat Gernot Rumpf in den Altar der katholischen Martinskirche Bad Ems eingearbeitet (oben links). Auch das Opferlamm symbolisiert in vielen Kirchen sowie an Wegkreuzen wie dem bei Marienfels das Karfreitagsgeschehen. Fotos: Matern