NASSAU/RHEIN-LAHN. (11. September 2012) Zum ersten kreisweiten Kirchenmusiktag Rhein-Lahn hatte die Arbeitsgemeinschaft der evangelischen Dekanate Diez, Nassau und St. Goarshausen nach Nassau eingeladen. Unter dem Motto „Nassau singt und klingt“ sorgten 600 Mitwirkende und Besucher aus 45 Chören und Musik-Ensembles für ein musikalisches Stelldichein, das die Vielfalt der heimischen Kirchenmusik hör- und sichtbar unter Beweis stellte. Auf dem Amtsplatz, vor und in der evangelischen Kirche sowie in der stimmungsvollen Kulisse des Schlosshofes unterstrichen 15 Chöre und Bands in öffentlichen Auftritten diesen ansteckenden Reichtum der musikalischen Facetten.
"Wir sind hier, weil der Chor eine wichtige Bereicherung für unser Gemeindeleben darstellt und weil uns das Singen Freude macht", sagte Jutta Reiter, Leiterin der Chorgemeinschaft Hömberg-Zimmerschied bei ihrem Auftritt im Schlosshof. Mit dieser Überzeugung war sie nicht die Einzige, die den ersten dekanatsübergreifenden Kirchenmusiktag für einen regen Austausch unter Gleichgesinnten nutzte und sich von der freundlichen Atmosphäre des Tages in ihrem Tun neu motivieren ließ.
Neben Chören präsentierten sich auch Instrumentalensembles in der Stadt wie beispielweise der Mandolinenclub Oelsberg oder das Flötenensemble Allegretto aus Holzappel. Den Anfang hatte nach der Eröffnungsandacht der Chor der Stiftung Scheuern gemacht. Flott und schwungvoll schlossen sich dort die beiden Gospelchöre „Heavens Voice“ aus dem Dekanat St. Goarshausen und „The Swinging Gospel Singers“ aus dem Dekanat Nassau an. Im Schlosshof waren außerdem der evangelische Kirchenchor Miehlen und der Chor Cantemus aus Klingelbach zu hören. Das Mittagessen wurde von den jungen fröhlichen Stimmen der Young Voices I und II des MGV Miehlen untermalt. Kirchenmusik in seiner reinsten Form präsentierten in der evangelischen Kirche die Nassauische Kantorei aus Diez sowie das Reeves-Ensemble mit gekonnter Stimmkunst.
Im Mittelpunkt des Tages standen zehn Workshops mit hochkarätigen Referenten, die den Besuchern des Kirchenmusiktages neue Impulse für die Arbeit in ihren Chören lieferten. Da war Drummer Daniel Jakobi, der sowohl der HeavenUp-Band als auch den Musikern der Band Goodnews ein Gespür für den richtigen Groove in ihren Interpretationen vermittelte. Wie sich in der Gemeinde die Lust am Singen wecken lässt, demonstrierte Landeskirchenmusikdirektorin (LKMD) Christa Kirschbaum in der katholischen Kirche. Am Nachmittag zeigte sie dort außerdem anhand von Liedern Martin Luthers auch ungewöhnliche Formen der Mehrstimmigkeit und des Zusammenklangs.
Die Küche der Stiftung Scheuern versorgte die Musikanten in der Mittagszeit auf dem Amtsplatz mit leckerer Gulasch- und Kartoffelsuppe. Jazzposaunist Richard Roblee weckte derweil im benachbarten Pfarrheim die Lust am lockeren Spiel auf den Blasinstrumenten. Schwungvoll ging es in der Stadthalle zu, wo Dr. Matthias Becker zweimal etwa 60 Interessenten um sich scharte, um ihnen durch Stimmbildungsübungen und an praktischen Beispielen ein Gefühl für die Interpretation von Gospels und modernem Liedgut zu vermitteln. Während sich nebenamtliche Organisten in der evangelischen Kirche von den Dekanatskantoren Markus Ziegler und Martin Samrock Anregungen holten, wie ihr Wirken im Gottesdienst mit leicht einzuübenden Stücken pfiffige Akzente setzen kann, hatte Ursula Starke im AWO-Zentrum drei Dutzend Kinder und einige interessierte Erwachsene um sich geschart, mit denen sie an praktischen Beispielen die Freude am Singen im Kindesalter weckte. Relativ ruhig ging es in der von der evangelischen Jugend des Dekanats St. Goarshausen organisierten Kinderbetreuung im Haus Beielstein zu, denn der anwesende Gesangsnachwuchs nutzte auch zu einem großen Teil die Workshops. Landesposaunenwart Johannes Kunkel lieferte im Kulturkeller interessierten Bläserinnen und Bläsern Anschauungsmaterial zu Luther-Sätzen und übte gleichzeitig die lange Liste von Werken ein, mit denen rund 80 Musiker im späteren Abschlussgottesdienst auf dem Amtsplatz den Gemeindegesang stimmungsvoll begleiteten.
Eröffnet wurde die Gottesdienstfeier unter freiem Himmel mit bewegenden Trommel-Klängen, die Daniel Jakobi am Mittag in einem Workshop einstudiert hatte. Die Dekane Friedrich Kappesser, Christian Dolke und Mathias Moos sowie die Präsides der Dekanatssynoden Anja Gemmer, Astrid Ellermann und Dr. Frank Zimmerschied gestalteten den Gottesdienst, an dem ein von Kantor Markus Ziegler dirigierter 500 Sängerinnen und Sänger starker Chor teilnahm. Mit modernen Klängen trugen die Band Goodnews, Kantor Martin Samrock und Daniel Jakobi am Schlagzeug zur musikalischen Bereicherung bei. „Die singende Gemeinde ist ein Kind der Reformation“, erinnerte Propst Dr. Sigurd Rink an den Hintergrund des Tages, der nicht zuletzt das Liedgut Martin Luthers und dem Reformationsbeginn vor fast 500 Jahren in den Focus rückte. „Ich liebe die Musik, denn sie ist eine Gabe Gottes“, zitierte Rink den Reformator. Nicht zu allen Zeiten sei sie auch im positiven Sinne benutzt worden, wenn sie etwa dazu gedient habe, Soldaten in den Krieg zu schicken, erklärte der Vertreter der Kirchenleitung. LKMD Christa Kirschbaum unterstrich die soziale Bedeutung der musikalischen Arbeit in den Gemeinden, die innerhalb der EKHN zurzeit von rund 40.000 Menschen gepflegt wird. Sie sei Generationen übergreifend, und der Beruf spiele beim gemeinsamen Muszieren keine Rolle. Kirschbaum: „Sie ist ein gutes Lernfeld für den sozialen Umgang“. Die Musik stehe bei den Konzepten zum Gemeindeaufbau deshalb auch an vorderster Stelle. „Nur eine CD einlegen reicht uns nicht mehr“, so Kirschbaum. Der mehrstimmige Klang von Stimmen und Instrumenten auf dem Amtsplatz lieferte für die Worte ein eindrucksvoll klingendes Zeugnis.
Anja Gemmer, Vorsitzende des geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft der drei evangelischen Dekanate Diez, Nassau und St. Goarshausen, dankte am Ende des Gottesdienstes allen, die zum Gelingen des Kirchenmusiktages beigetragen hatten, unter anderem dem mehr als 30 Peronen zählenden Vorbereitungskreis des Kirchenmusiktages sowie den Hauptunterstützern des Tages, der Landeskirche Hessen und Nassau sowie dem Kultursommer Rheinland-Pfalz. Dann listete sie noch einmal die fast 50 Chöre und Ensembles auf, die an dem Tag in unterschiedlichster Art und Weise mitgewirkt hatten.
Der Kirchenmusiktag war am Vormittag mit einer Andacht eröffnet worden, in der Nassaus Gemeindepfarrer Joachim Winkler knapp 300 Teilnehmer auf dem Amtsplatz begrüßt und für die Veranstaltung um Gottes Segen gebeten hatte. Der evangelische Posaunenchor Nassau „& Friends“ aus umliegenden Chören hatte unter Leitung von Petra Wiegand für die musikalische Einleitung gesorgt. Bernd-Christoph Matern
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