Landessynode: Lärm behindert Ausübung religiöser Handlungen Drucken E-Mail

thumb_1a-ls301117_vo_becrima-FRANKFURT/RHEIN-LAHN. (4. Dezember 2017) Haushalt, Personalbedarf, neue Modelle zur Pfarrstellen-Bemessung, Klimaschutz und die Störung von Amtshandlungen durch Lärm sind Themen der Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau gewesen, die bis Samstag in Frankfurt tagte. Unter anderem wurde auch eine Neuausrichtung für die Bemessung der Pfarrstellen beschlossen. Ein anderes Thema, das insbesondere die Synodalen aus dem evangelischen Dekanat Nassauer Land beschäftigt, soll im Frühjahr besprochen werden: die Kindertagesstätten.

thumb_1a-ls301117_nl-reihe_becrima-An der Eisenbahntrasse durchs Mittelrheintal lässt sich nichts mehr ändern. Aber die Synodalen des Nassauer Landes verfolgten sehr aufmerksam und mit viel Verständnis die Ergebnisse eines Gutachtens darüber, wie Lärm religiöse Handlungen stört. Auf Grundlage des Gutachtens hat sich die Landessyynode für eine Stärkung religiöser Belange bei zukünftigen Planfeststellungsverfahren ausgesprochen. Mit diesem Thema wird sich auch die hessen-nassauische Kirchenleitung künftig noch stärker in die Planung von Großprojekten einbringen.

Auslöser der Entscheidung waren die Diskussionen um den Ausbau des Flughafens Rhein-Main. Als Religionsgemeinschaft müsse die EKHN die Möglichkeit haben, religiöse Anliegen bei Großprojekten einzubringen und dazu frühzeitig zu agieren, stellte die Synode fest. Eine noch konkretere Beschreibung von Elementen und Merkmalen für eine ungestörte Religionsausübung soll zukünftig die Wahrscheinlichkeit erhöhen, in Planfeststellungsverfahren stärkeres Gehör zu finden. Das Recht auf eine unbedingte Durchsetzung der formulierten kirchlichen Interessen lasse sich aufgrund der Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl und den Rechten anderer jedoch nicht ableiten.

Bereits vor drei Jahren hatten die Synodalen ein wissenschaftliches Gutachten gefordert mit dem Ziel, das Thema weiter zu verfolgen und die Auswirkungen von Fluglärm auf ungestörte Religionsausübung zu untersuchen. Das nun vorliegende, über 120 Seiten umfassende Gutachten des Zentrums für Interdisziplinäre Studien zum Religions- und Religionsverfassungsrecht (ZIRR) an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz macht aus religiöser Perspektive deutlich, dass Stille für die kollektive Religionsausübung einen hohen Stellenwert besitzt. Ihre Ergebnisse haben die drei verantwortlichen Professoren Gerhard Kruip, Matthias Pulte und Josef Ruthig dem Plenum präsentiert.

Insbesondere gottesdienstliche Handlungen benötigen laut Gutachten eine möglichst störungsfreie Umgebung ohne äußere Lärmeinwirkung, sowohl in Gebäuden als auch im Freien. Ebenso seien Aktivitäten wie seelsorgerliche Gespräche und Begegnungen unter Gemeindemitgliedern auf die direkte Kommunikation angewiesen, die bei starker Lärmbelästigung kaum möglich sei. Zudem sei der Einsatz für Gerechtigkeit sowie für die Bewahrung der Schöpfung aus dem christlichen Glauben abzuleiten.

Ein Thema, das den Synodalen des Nassauer Landes immer wieder unter den Nägeln brennt, soll im Frühjahr auf die Tagesordnung der Kirchensynode: die evangelischen Kindertagesstätten. „Das ist ein ganz bedeutendes Handlungs- und Zukunftsfeld evangelischer Kirche“, sagte der Landessynodale und stellvertretende Sprecher der Propstei Rheinhessen und Nassauer Land Frank Puchtler. Mit 33 evangelischen Kindertagesstätten, von denen 14 im kommenden Jahr in die Trägerschaft des Dekanats übergehen, hat das Nassauer Land ein besonders großes Interesse an deren Sicherung.

Neuausrichtung im Pfarrdienst auf den Weg bringen

Mit großer Mehrheit hat die Synode ein neues System bei der Verteilung von Pfarrstellen beschlossen. Vor allem eine bevorstehende Pensionierungswelle sowie ein prognostizierter Rückgang der Mitgliederzahlen infolge der Altersentwicklung der Bevölkerung machen Anpassungen im neuen Jahrzehnt notwendig.

Neben der Reduktion von Pfarrstellen werden auch zahlreiche Neuerungen im Pfarrdienst in den Blick genommen. Dazu gehört unter anderem die Möglichkeit, Gemeindepfarrstellen in neuen Kooperationsräumen zu errichten. Zudem soll das Zusammenspiel verschiedener Professionen gestärkt werden.

Die neue so genannte Pfarrstellenbemessung sieht vor, die Zahl der Pfarrstellen entlang der Mitgliederentwicklung zwischen 2020 und 2024 jährlich um etwa 1,4 Prozent von 1450 auf knapp 1350 Stellen reduzieren wird. Auch künftig soll dann wie bisher durchschnittlich eine Seelsorgerin oder ein Seelsorger für rund 1600 Gemeindeglieder zuständig sein. (vr/cm)

Mehr Informationen zur neuen Pfarrstellen-Bemessung und anderen Themen der Synode finden Sie hier

Zum Foto (rechts):
Die Landesssynodalen aus dem Dekanat Nassauer Land verfolgten aufmerksam die Ergebnisse eines Gutachtens, das sich mit den Auswirkungen von Lärm auf die Religionsausübung befasst (von rechts): Yvonne Fischer (Lahnstein-Friedland), Astrid Ellermann (Aull), Bärbel Goerke (Reichenberg) und Frank Puchtler (Oberneisen). Fotos: Matern