Mitmachbörse für soziale Kontakte soll Einsamkeit verhindern Drucken E-Mail

thumb_1a-mmbi55181013_becrima-BORNICH/RHEIN-LAHN. (22. Oktober 2013) Eigentlich ist das ganze 50 Projekte umfassende Programm der Initiative 55 plus-minus im evangelischen Dekanat St. Goarshausen eine große „Mitmachbörse“. Doch jetzt will die Initiative mit einer „Mitmachbörse für soziale Kontakte“ noch gezielter der Vereinsamung vieler Menschen entgegenwirken. „Kein Mensch kann ohne soziale Kontakte leben“, sagte Initiative-Sprecher Dieter Zorbach bei der Vorstellung des neuen Projektes in Bornich.

Auch im ländlichen Raum leben immer mehr Menschen in Einsamkeit und leiden an ihr, so Zorbach. Sie sitzen zuhause, weil sie niemanden kennen, der mit ihnen gemeinsam etwas unternimmt; sei es einen Kaffee trinken, einen Spaziergang machen oder ein Kartenspiel spielen. Ein erster Schritt, die Einsamkeit zu überwinden und die Zeit mit anderen zu verbringen, kann nun der Griff zum Telefonhörer sein.

Auf die extra für dieses Initiative-Projekt angelegte Telefonnummer 06771-959 99 39 können Menschen ihre Angebote oder Wünsche aufsprechen und um einen Rückruf bitten; oder sie formulieren ihr Anliegen per E-Mail übers Internet. „Ich könnte einem Interessierten eine Mitfahrgelegenheit in meinem Auto für einen Kinobesuch anbieten“, nennt Zorbach ein Angebots-Beispiel, während Andere vielleicht mal wieder gern ins Kino gehen würden, aber nicht wissen, wie sie hinkommen sollen.

„Vor 50 Jahren hätten wir für solch ein Projekt wohl nur ein Kopfschütteln geerntet“, meint Zorbach. Doch die Gesellschaft und ebenso die nachbarschaftlichen Strukturen hätten sich gewaltig verändert. Der Zuwachs an Ein-Personen-Haushalten sei enorm. Und gerade ältere Menschen hätten sich das am allerwenigsten ausgesucht. „Selbst in unseren relativ kleinen Gemeinden lebt vielleicht mancher um die Ecke mit den gleichen Interessen, aber man weiß nichts voneinander“, ist eine Erfahrung, die die Initiative schon bei anderen thematischen Angeboten machte.

„Sicher mag es für den einen oder anderen eine gewisse Hemmschwelle darstellen, seinen Wunsch oder sein Angebot zu formulieren“, sagt Brigitte Kaiser aus Bogel, die die Telefonanrufe in aller Vertraulichkeit bearbeitet. „Aber einen Versuch ist es allemal wert.“ Ziel ist es, in vielen Ortschaften einen Ansprechpartner für die Vermittlung zu bekommen. Gut vorstellen kann sich Kaiser, dass auch manche Kinder ihren alleinstehenden Elternteilen Mut machen, die Börse zu nutzen.

Neben dem punktuellen oder auch kontinuierlichen Zeitvertreib mit Anderen bildet ganz Praktisches eine zweite Säule der Börse, denn die Zahl älterer Menschen, die Unterstützung suchen, um möglichst lange selbständig leben zu können, steigt. Mancher würde seine Hilfe gern, sei es kostenlos oder gegen einen Obolus, zur Verfügung stellen. Auch da hofft die Initiative Suchende und Anbietende zusammenzubringen. „Da gibt es vielleicht die Rentnerin, die ihren Rasen nicht mehr selbst mähen kann, während sich anderswo ein Schüler gern sein Taschengeld aufbessern würde“, sagt Zorbach. Generationen übergreifend kann auch das Beispiel von Brigitte Kaiser wirken: „Eine alleinerziehende Mutter bricht sich das Bein und sucht jemanden, der das Kind aus dem Kindergarten abholt.“

Kompetente Unterstützung, was die Hilfe-Vermittlung von Angeboten und Nachfragen anbelangt, hat die Initiative mit Christa Klamp vom Pflegestützung (PSP) Loreley-Nastätten. Sie kennt das Angebot an bereits existierenden Nachbarschaftshilfen in der Region bestens. „Dazu wollen wir keine Konkurrenz bilden“, so Klamp, vielmehr die vorhandene Struktur weiterentwickeln. Ebenso soll der heimischen Wirtschaft keine Konkurrenz gemacht werden. Klamp: „Wo Geld im Spiel ist, muss man immer aufpassen, dass man sich nicht zum Vermittler von Schwarzarbeit macht.“

Mit ihrer Mitmachbörse möchten die Mitstreiter der Initiative 55 plus-minus nicht zuletzt zu einer neuen Kommunikationskultur beitragen. Die Frage „Wie geht's?“ werde häufig nur floskelhaft gestellt. „Wir glauben, wir müssten uns gegenseitig wirklich mehr zuhören, um zu erfahren, was jemand braucht und was wir anbieten können“, so Dieter Zorbach. Bernd-Christoph Matern

Informationen zur Mitmachbörse für soziale Kontakte gibt es per Telefon 06771-9 59 99 39, per E-Mail Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam Bots geschützt, Sie müssen Javascript aktivieren, damit Sie es sehen können oder auf der Website www.i55plusminus.de.

Zum Foto:
Brunhilde Göttert, Christa Klamp, Dieter Zorbach, Brigitte Kaiser und Ulla Kilian (von links) stellten in Bornich die neue Mitmachbörse für soziale Kontakte der Initiative 55 plus-minus im evangelischen Dekanat St. Goarshausen vor. Foto: Bernd-Christoph Matern