Notfallseelsorger leisteten 41 Mal Erste Hilfe f?r Seele Drucken E-Mail
thumb_1nfs_ffw_nassauRHEIN-LAHN. Ob durch einen Verkehrsunfall auf der Straße oder den Herzinfarkt zuhause – wenn Menschenleben in Gefahr sind oder der plötzliche Tod Angehörige verzweifeln lässt, werden im Rhein-Lahn-Kreis nicht nur Rettungskräfte und Ärzte angefordert, sondern auch die Notfallseelsorge. 41 Mal war dies im vergangenen Jahr der Fall, wie aus dem Jahresbericht der Pfarrerin für Notfallseelsorge, Ulrike Braun-Steinebach, hervorgeht.

Die 35 Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger, die im Jahr 2006 – im Ost- und Westteil des Kreises getrennt – durchschnittlich drei bis vier Wochen Bereitschaftsdienst leisteten, waren zwischen 15 Minuten und fünf Stunden Stunden im Einsatz. Verständigt wurden die Seelsorger fast überwiegend von der Rettungsleitstelle in Montabaur, in einigen Fällen aber auch von der Gemeinde, von Polizei oder Feuerwehr. Die Einsatzzeiten verteilten sich in etwa gleich auf Morgen, Nachmittag, Abend und Nacht.

Häusliche Todesfälle waren 2006 die Hauptursache für die Alarmierung. Außerdem wurden die Notfallseelsorger zum Überbringen von Todesnachrichten angefordert, bei Selbstmorden, zwei Bränden und vier Verkehrsunfällen mit Todesfolge. Die Zahl der Einsätze lag 2006 fast doppelt so hoch wie im Vorjahr. Auch die Fortbildung der Kräfte stand auf der Agenda. Info-Abende und selbst organisierte Angebote wurden absolviert. Wichtig ist Braun-Steinebach der Austausch mit den Rettungskräften, um das gegenseitige Verständnis für die Aufgaben zu intensivieren, sei es bei Gottesdiensten für Einsatzkräfte oder bei Besuchen von Rettungsdiensten wie jetzt bei der Feuerwache der Freiwilligen Feuerwehr Nassau, wo der Pfarrkonvent des evangelischen Dekanates Nassau Arbeit und Dienststelle der Retter kennen lernte.

Ein zentrales Thema der Notfallseelsorge war im Jahr 2006 die Fußball-Weltmeisterschaft mit der Spielstätte Kaiserslautern. „Was sich in den vergangenen Jahren im nachbarschaftlichen Miteinander und Zusammenarbeiten entwickelte, musste nun in relativ kurzer Zeit in konkrete Einsatztaktik umgesetzt werden“, so Braun-Steinebach. „Psychosoziale Unterstützung bei einem potenziellen Großschadensereignis während der Fußball-WM“ hieß das Projekt, bei dem Braun-Steinebach bei der Erstellung eines Alarmplans für Rheinland-Pfalz mitwirkte und vor Ort die Einsatzerfordernisse für das Notfall-Seelsorge-System im Rhein-Lahn-Kreis erhob. Sie organisierte die Logistik für einen möglichen Ernstfall. „ Am Ende waren wir alle glücklich, nicht zum Einsatz gekommen zu sein.“

Qualitätssicherung und Weiterentwicklung von Standards stellen für Braun-Steinebach, die von Montabaur aus auch die Notfallseelsorge im Westerwaldkreis koordiniert, zentrale Herausforderungen für die Zukunft dar. Dabei steht auch die Einrichtung von Gruppen für kollegiale Fallbesprechungen ganz oben auf der Perspektiv-Liste fürs Jahr 2007.

Von den 35 Notfallseelsorgern sind 31 Theologen, vier Laien, sechs sind katholisch, 29 evangelisch, 16 kommen aus dem Ost-, 19 aus dem Westteil des Kreises einschließlich Koblenzer Stadtteile. Braun-Steinebach wirbt immer wieder auch um Verstärkung, um die Bereitschaftszeiten, die zurzeit bei drei bis vier Wochen pro Jahr liegen, reduzieren zu können.

Die Einrichtung der Notfallseelsorge vor sechs Jahren war indirekt eine Folge des Flugunglücks von Ramstein und der damit verbundenen Traumatisierung von Menschen, die die Katastrophe miterlebt hatten. „Die Betreuung dieser Opfer noch an der Unfallstelle kann eine Traumatisierung verhindern helfen“, so Braun-Steinebach. Der Leitende Notarzt Dr. Hans Jaeger und Kreisfeuerwehrinspekteur Gerd Grabitzke hatten sich damals an Propst Weber gewandt, um ein dichtes Netz von Notfallseelsorgern im Rhein-Lahn-Kreis aufzubauen.

Wenn die Notfallseelsorger auf Straßen oder in Wohnstuben ihren Dienst tun, handele es sich nicht um eine Verkündigungssituation, stellt Braun-Steinebach klar, wenngleich der gelebte Christusglaube dazu befähige, an solchen Unfallstellen als Ansprechpartner anwesend zu sein. Der Sinn des Einsatzes sei nicht Vertrösten, sondern Zukunft ermöglichen. „Wichtig ist, dass sich die Menschen nicht in sich selbst zurückziehen, sondern über das Erlebte reden, um einem Trauma vorzubeugen“, so Braun-Steinebach. (bcm)