Pop und Rock sorgen f?r Meditation in Kirchen Drucken E-Mail

thumb_1a-martinsamrockleitungKLINGELBACH/DIEZ-FREIENDIEZ. (22.September 2010) Geistliche Musik in etwas anderen Klangfarben war an zwei Orten des evangelischen Dekanates Diez zu hören. In den evangelischen Kirchen in Klingelbach und Diez-Freiendiez, dort wo sonntags die Orgel erklingt oder der Posaunenchor Choräle anstimmt, dominierten jetzt die typischen Instrumente einer Rockband: E-Gitarre, Schlagzeug, Bass und Saxophon. Das evangelische Dekanat Diez präsentierte in einem Konzert der Jungen Kantorei unter dem Titel „Meditationen in Rock und Pop“ den Liederzyklus „Perlen des Glaubens“ des christlichen Liedermachers Clemens Bittlinger.

Die insgesamt 18 Perlen des Glaubens symbolisieren zentrale Aspekte des christlichen Glaubens. „Jede einzelne Perle hat ihre Bedeutung. Sie steht für eine Lebensfrage, einen Gedanken, ein Gebet.“, erläuterte Pfarrerin Melanie Schneider aus Burgschwalbach einleitend. Die Perlenkette könne durch Stationen des Lebens führen und dazu anregen, über sich selbst nachzudenken. Neben der Gottes-Perle, der Tauf-Perle und der Ich-Perle gibt es die Perlen der Stille, der Gelassenheit und der Liebe.

An diese einzelnen Perlen knüpften die Lied- und Instrumentalbeiträge des Abends an. Die einzelnen Musikstücke wurden von Pfarrerin Schneider durch meditative Texte ergänzt, die auf die Symbolik der verschiedenen Perlen eingingen. Großflächig an die Kirchenwand projizierte Fotos luden dazu ein, innezuhalten und das Gehörte weiter zu bedenken. Leicht und zurückhaltend präsentierte Nadine Jentzsch die tänzerisch beschwingten Lieder „Du bist ewig“ und den Calypso „Perlen des Glaubens“. Kraftvoll und virtuos gestaltete Jonas van Baaijen die rhythmisch komplexen Songs „Diese Perlen“, „Wasser“ und „Überraschung“.

Im Dialog mit Melodien des Saxophons trug Clemens van Baaijen schwungvoll und dynamisch „Ein Blick in den Spiegel“ und „Mein geheimes Leben“ vor. Adelina Hölzer gelang es vor allem in den Liedern „Dunkelheit“ und „Lieben“ beeindruckende Gegensätze zu gestalten; atemberaubend wie ausdrucksvoll sie in „Stille“ die sehr leisen, „stillen“ Töne zu gestalten und mit welcher Kraft sie kurz darauf die Melodie über den „Lärm“ der harten Klänge zu setzen vermochte. Ergreifend dann die langsame Ballade „Gelassenheit“, die von Raphaela Samrock schlicht und blitzsauber vorgetragen wurde. Zuvor konnte sie schon im Dialog mit klanglich überraschenden Soli der E-Gitarre mit einer intensiven Interpretation des Liedes „Wüste“ überzeugen.

Zu den Perlen der Stille griffen die Instrumentalisten in ihren eigens arrangierten Soli die musikalischen Motive der Sänger auf und gaben so dem Konzert ein interessantes Gepräge. Zuerst verblüffte Thomas Rothenberger (Gitarre) die Zuhörer mit Glockenklängen und einem bunten Kaleidoskop unerwarteter Klangfarben. Stephan Kramer (Saxophon) stellte in seinem Solo ruhige Passagen zwischen schnelle und flirrende Abschnitte. Martin Samrock (Keyboard) verband in seinem Klavier-Solo die Klänge der „Wüste“ mit Motiven des Liedes „Stille“. Mitreißend das Bass-Solo von Frank Thiede, der ekstatisch wirbelnde Ostinati in sphärischen Klängen enden ließ. Janis Heftrich entführte schließlich in einem zweiteiligen Solo – zuerst auf den Becken, dann auf den Trommeln – die Zuhörer in unvermutete Klangwelten und demonstrierte imposant eher unbekannte Möglichkeiten des Schlagwerks.

Begleitet von den variantenreichen – manchmal weich-flächigen, dann wieder ziemlich harten – Klängen der Band, gelang es so den Solisten der Jungen Kantorei, mit ihren teils einfühlsamen teils beschwingten Liedbeiträgen und verstärkt durch einen Chor aus Mitgliedern der Nassauischen Kantorei die Zuhörer mitzunehmen in die Welt der „Perlen des Glaubens“. Kleiner Wermutstropfen bei dem Konzert: Dies war wahrscheinlich der letzte Auftritt der Jungen Kantorei in dieser Form, da viele Mitglieder des kleinen Ensembles nun auf ganz Deutschland und darüber hinaus verstreut ihre jeweilige Berufsausbildung beginnen werden.

„Das war richtig schön – und 'mal etwas ganz anderes“, kommentierte ein Zuhörer den Abend. Zeigte doch der lang anhaltende Applaus der je rund 100 Zuhörer, dass es den Akteuren um Dekanatskantor Martin Samrock gelungen war, zu zeigen, dass Rock- und Popmusik kein Widerspruch zu Meditation sein müssen. Vielmehr ermöglichen sie andere Zugänge zum christlichen Glauben. Holger Kniese

 

Bildunterzeile: Unter Leitungvon Dekanatskantor Martin Samrock erlebten die Besucher in den Kirchen von Klingelbach und Diez-Freiendiez meditative Pop- und Rockmusik nach dem Liederzyklus "Perlen des Glaubens" von Clemens Bittlinger.