Realschüler erinnern mit alten Fenstern an Reichspogromnacht Drucken E-Mail

thumb_170jahreaklthumb_170jahrbklvobaRHEIN-LAHN/NASTÄTTEN. (15.November) Dass es Übergriffe auf Juden auch in ihrer unmittelbaren Heimat gegeben hat, das war Schülerinnen und Schülern der Nikolaus-August-Otto-Realschule in Nastätten so deutlich noch nicht bewusst. Mit einem Projekt des Kunstunterrichtes zwischen Schule und der Evangelischen Jugend im Dekanat St. Goarshausen spürten vier Zehntklässler aus Anlass des 70. Jahrestages der Pogromnacht gegen die jüdischen Mitbürger der heimischen Geschichte von 1938 nach.

Ihre Werke sind bis zum 21. November in der Volksbank Rhein-Lahn in Nastätten zu sehen. „Das Thema war uns vom Geschichtsunterricht her nicht fremd, aber bislang war uns nicht bewusst, dass so viele Menschen auch in Nastätten und Miehlen Opfer der Nazis wurden“, sagt Melina Krämer.

Auf alten Fensterscheiben erinnert sie mit ihren drei Schulkameradinnen kunstvoll an das Leid und Schicksal der Juden, die dem Pogrom vor 70 Jahren zum Opfer fielen. Auf Pflastersteinen haben die Vier vermerkt, was zum Rassismus geführt hat und welche Folgen der Antisemitismus hatte: Hass, Neid, Krieg und Tod.

„Die Fenster haben wir beschriftet und als Symbol für die Erinnerung genutzt, weil diese ja an allen Ecken eingeschlagen wurden“, erklärt Melissa Thometzek. Sie stehen für die Häuser der jüdischen Mitbürger, die aus ihren Wohnungen und Geschäften vertrieben und deren Fenster und Mobiliar zerstört wurden. Symbole wie Judenstern und Dreiecke stehen für die verschiedenen Opfergruppen.

Die kantigen, gewaltigen Pflastersteine symbolisieren die rechtsradikalen Täter, die in ihrer Gewalt oder Teilnahmslosigkeit den Hass auf Juden auslebten oder duldeten. „Auch heutige Neonazis umgehen das Zeichenverbot durch Codes“, erklären die Schülerinnen. Für Dekanatsjugendreferent Andreas Kleemann bringen die im Projekt verwendeten Steine und Fenster die Zeit besonders nah: „Sie stammen aus dem Jugendhaus Hahnenmühle und dem Depot der Straßenmeisterei und könnten die Zeit um 1938 tatsächlich miterlebt haben.“

Das Kunstprojekt ist Teil anderer Projekte, mit denen die Realschule auf den Jahrestag der Pogromnacht hinweist, wie Schulleiterin Marita Schleiden erklärt. Konzerte, die Begegnung mit jüdischen Überlebenden des Holocaust und andere Gedenkaktivitäten sollen die Geschichte lebendig halten und für die Zukunft Mahnung sein. Bernd-Christoph Matern

Bildunterzeile: Volksbank-Kundenberater Norbert Lenz lässt sich in der Filiale in Nastätten von Chantal Göth, Schulleiterin Marita Schleiden, Melina Krämer, Richelle Althen, Melissa Thometzek und Dekanatsjugendreferent Andreas Kleemann (von rechts) über das Kunstprojekt der Nikolaus-August-Otto-Realschule informieren. Foto: Matern