Runde Ecke: WDR weckt Lust an menschlichen Geschichten Drucken E-Mail

thumb_1a-re060715teaml_co-becrima-KÖLN/RHEIN-LAHN. (20. August 2015) Genau ein Jahr ist es her, da startete in einem kleinen Kölner Theater ein Bühnenexperiment, an dem auch ein Mann aus dem Rhein-Lahn-Kreis mitwirkte. „Die Runde Ecke“ nannten ihre Schöpfer das Format, in dem „Menschen wie du und ich“ vor einem Publikum die wichtigste Geschichte ihres Lebens erzählen. Jetzt wurde die Erzähl-Idee auch vom Fernsehen aufgegriffen. Der WDR strahlt ab 24. August fünf Sendungen der „Runden Ecke“ aus, die nicht nur Matthias Pflugradt aus St. Goarshausen gespannt verfolgen wird, der zu den fünf Machern der Sendung zählt.

„Die Geschichten animieren mal zum Lachen, mal zu Tränen, sind skurril oder stimmen nachdenklich, eröffnen neue Perspektiven aufs Leben“, erzählt Pflugradt, der das Büro von Moderator Patrick Lynen, dem Erfinder der Sendung, leitet. „Vieles ist dabei, wo man für sich selbst etwas rauszieht.“ Radio und Fernsehen faszinierten Pflugradt bereits in seiner Jugend. „Von morgens bis abends habe ich damals SWR3 gehört, was damals noch SWF3 hieß“, erinnert sich der heute 39-Jährige, der im Nocherner Pfarrhaus aufgewachsen ist.

Schon damals war er besonders angetan von Patrick Lynens Gedanken, der sich in Baden-Baden Anfang der 90-er Jahre neben Anke Engelke, Ferdinand Keller oder Elmar Hörig Kultstatus erwarb. „Seine Zitate Prominenter, diese philosophischen Spitzen, seine Fähigkeit, quer zu denken, haben mich sehr beeindruckt“, erinnert sich Literatur-Fan Pflugradt, der den für seine Alltagsgeschichten berühmt gewordenen Walter Kempowski einen seiner Lieblingsautoren nennt. Er tauschte sich mit dem Moderator gedanklich mit handschriftlichen Briefen aus, „E-Mail gab es ja damals noch nicht“.

Die moderne Kommunikationsform belebte erst vor gut einem Jahr wieder den Kontakt zwischen den Beiden. „Ich hab da was, was dir vielleicht gefallen könnte“, schrieb der Radiomacher, Buchautor und Mediencoach für die „ARD.ZDF Medienakademie“. Pflugradt hatte zwischenzeitlich viel Erfahrung im Produktionsbusiness gesammelt, in der Künstlerbetreuung, der Vertragsabwicklung für Fernsehshows und Plattenproduktionen, er arbeitete fünf Jahre unter anderem in einem Studio in Tutzing, organisierte Konzerte, Literatur- und Kabarettabende, hatte aber nach bewegenden Management-Jahren 2004 in der beruflichen Erwachsenenbildung als Dozent festen sicheren Fuß gefasst. „Ich fühlte mich in der Erwachsenenbildung wirklich pudelwohl.“

thumb_1dierundeecke_foto-co-wdrDoch als ihm Lynen von der Idee zur „Runden Ecke“ erzählte, war er für das neudeutsch als „Storytelling“ bezeichnete Konzept gleich Feuer und Flamme. „Menschen wirklich zuzuhören, verkümmert in unserer lauten und schnelllebigen Welt immer mehr“, so Pflugradt. Im Mittelpunkt der Sendereihe steht der Mensch und seine Geschichte. Punkt. „Wir gehen dahin zurück, was Menschen schon seit Jahrtausenden gemacht haben, sich gegenseitig Geschichten erzählen“, erklärt Patrick Lynen sein Konzept nach der Aufzeichnung in den Kölner WDR-Studios. „Früher geschah das am Lagerfeuer, wir haben eine Bühne dafür“, so Lynen. „Dabei vertrauen wir einfach auf die gesprochene Sprache ohne großes Drumherum und Effekthascherei“, ist der Moderator auch dem WDR sehr dankbar, dass er das Format unterstützt, mit dem die Runde-Ecke-Crew zuvor schon auf Bühnen in Koblenz, Köln, Berlin und anderen deutschen Städten den Applaus bewegter Zuhörer einheimste. „Da gehört schon was dazu, sich auf eine Bühne zu stellen und einfach los zu erzählen“, sagt der Medienprofi.

Stolz ist Lynen auf die kompetente Crew hinter den Storytellern. „Matthias ist ein echtes Genie, was die Organisation angeht“, lobt er seinen Büroleiter aus St. Goarshausen. Erfahrene Medienmacher wie Moderator und Trainer Ralph Günther, Radiomann Daniel Ebert sowie Texter Patrick Neumann komplettieren das kreative Quintett. „Und so ein bisschen Spinner sind wir alle“, schmunzelt Lynen, um auf die gleiche Wellenlänge des Teams anzuspielen. Unter „Spinnen“ versteht Lynen, der mittlerweile auch als Buchautor über eine gelassenere Lebensweise („Mach dich mal locker") von sich reden macht, dabei den Mut zu Innovationen und Veränderungen.

Die kennt Matthias Pflugradt von seinem Berufsleben. Aber während er werktags in Köln und der Republik die Lust am Zuhören organisiert, macht er in seiner Heimat sonntags gern mal selbst den Mund auf, auf der Kanzel. Einer Leidenschaft ist er seit seiner Jugend nämlich treu geblieben und eifert damit ehrenamtlich dem Vater nach, das ist der Lektoren- und Prädikantendienst im evangelischen Dekanat St. Goarshausen. Pflugradt: „Als Pfarrerssohn hat man als Erwachsener von Kirche entweder die Schnauze voll oder man bleibt ihr verhaftet.“ Mit 17 hielt er erstmals eigenständig einen Gottesdienst in St. Goarshausen. Mittlerweile kommen bis zu 48 Einsätze im Jahr zusammen.

Abgesehen davon, dass ihm der Glaube selbst Halt im Leben schenkt, will er auch die vielen damit verbundenen Begegnungen in den Kirchengemeinden nicht missen, ebenso wenig die gute und konstruktive Arbeit im Kirchenvorstand, dem er seit 2005 angehört und die ihm viel Freude macht. Jetzt aber freut er sich wieder aufs Hinhören und Zusehen, wenn er die Runde Ecke erstmals nicht live im Theater oder Studio, sondern als TV-Zuschauer verfolgen wird. Bernd-Christoph Matern

Die Sendetermine der 5 Folgen im WDR-Fernsehen:

24. August, 23.30 Uhr,
27. August, 22.45 Uhr,
29. August, 23.15 Uhr,
30. August, 00.15 Uhr,
7. September, 23.30 Uhr.

Infos zur Runden Ecke gibt es auch im Internet unter die-runde-ecke.com .

Zum Foto:
Fünf kreative Köpfe verbindet eine Idee: Menschen einfach zuhören, wenn sie eine Geschichte erzählen. Zum Team der „Runden Ecke“, die der WDR in fünf Folgen ausstrahlt, gehört auch Matthias Pflugradt aus St. Goarshausen hier mit Patrick Lynen, Ralph Günther, Daniel Ebert und Patrick Neumann (von rechts). Fotos: Matern/WDR