Urlaubs-Devisen helfen jungen Menschen in Rum?nien Drucken E-Mail

thumb_1seilsscheinemnzenRHEIN-LAHN/DÜSSELDORF. Echte Münzsammler hüten ihre Schätze wie den eigenen Augapfel. Nicht so Uwe Seils. Der Düsseldorfer freut sich über jede Münze, die er gegen Euros eintauschen kann. Nicht für sich, sondern für rumänische Kinder, denen Seils’ ganze Sammelleidenschaft gilt. Dreieckiges Kleingeld von den Cook-Inseln, viereckiges aus Sri Lanka und wellenförmige Münzen aus Indien – wenn Uwe Seils erzählt, welches Geld bereits durch seine Finger ging, bekommen nicht nur Sammler funkelnde Augen und Fernweh. Doch der Oberverwaltungsrat der rheinischischen Landeskirche hortet die seltenen Zahlungsmittel in seiner Freizeit nicht für sich, sondern um Gutes zu tun.

An Kleingeld und Banknoten aus aller Welt, die sich vor allem in und nach der Ferienzeit in manchem Klingelbeutel der Kirchen finden, hat Seils seine helle Freude. „Da macht’s die Masse“ erklärt der Kirchenmann, greift beherzt in eine von vielen gelben Postkisten und lässt lächelnd italienische Lire-Münzen durch die Hände rieseln. Unwillkürlich kommt da der in seinem Vermögen badende Dagobert Duck in den Sinn. Ob dessen Moneten-Pool allerdings für Seils ausreichen würde, ist fraglich. Mehr als 20 Tonnen Münzen sind durch seine Hände gewandert, seit der Düsseldorfer vor fast zehn Jahren mehr durch Zufall die Liebe zu seinem sammelnden Ehrenamt entdeckte.

„Das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche im Rheinland sammelte schon seit Jahrzehnten Urlaubsmünzen und verkaufte sie an einen Münzsammler“, erzählt er. Als der starb, nahm sich Seils der Sache an. Fast 300000 Euro erwirtschaftete er ganz nebenbei, die in voller Höhe an Kinder- und Behindertenheime in Rumänien wanderten. Deshalb müssen die Kollektenzähler auch nicht die Stirn runzeln, wenn sich jetzt wieder verstärkt Devisen im Klingelbeutel finden. Nicht nur Düsseldorfer Kirchengemeinden wissen, wohin mit dem ausländischen Kleingeld, das kein deutsches Kreditinstitut mehr einlöst – auch in Westerwald, Hunsrück, Taunus und am Mittelrhein ist Seils Sammelleidenschaft bekannt.

thumb_1seilsottovon_bayernWer glaubt, mit Einführung des Euro sei ein Großteil der europäischen Zahlungsmittel von der Bildfläche verschwunden, irrt. Kilo- und kistenweise häufen sich bei Seils immer noch Lire, Schilling oder Pesetas. Früher hat er in der Mittagspause oder nach Feierabend die Münzen selbst aussortiert. Jetzt sorgt die Masse am ausrangierten Kleingeld in einer Werkstatt für Behinderte in Mönchengladbach für Arbeitsplätze. „Einmal im Monat holt die Einrichtung Münzen bei mir ab“, erzählt Seils. „Da können in einem halben Jahr schon mal 100 Kilo italienische Lire zusammenkommen.“ Und auch die D-Mark ist nicht kleinzukriegen. Bis zu 30 Kilo wandern jeden Monat über seinen Sammeltisch, und ein Ende ist nicht abzusehen. „Etwa 24 Milliarden Mark- und Pfennig-Münzen und 180 Millionen DM-Banknoten sind noch im Umlauf“, sagt Susanne Mehlhorn von der Deutschen Bundesbank in Frankfurt. „Münzen und Scheine mit einem Wert von rund sieben Milliarden D-Mark.“

Es gibt kaum einen Staat, dessen Zahlungsmittel Seils nicht schon in Euro umgemünzt hätte. „Von den Fidschi-Inseln bis zum Kongo, von Mexiko bis zu den Salomoninseln reicht die Palette – Geld aus etwa 180 Staaten.“ Während D-Mark noch von den Landeszentralbanken gewechselt werden, hat der Düsseldorfer für den Umtausch der Devisen ein Netz von zwei Dutzend Umtausch-Kunden geknüpft, die ihm ausländisches Geld für 75 Prozent des Wertes abkaufen. „Leute, die geschäftlich oft im Ausland sind oder regelmäßig ihr Ferienhaus aufsuchen, sei es in Spanien oder Schweden.“

Die nicht mehr gültigen Münzen verkauft Seils als Kiloware. Und er weiß nicht nur Hartgeld sondern auch Scheine für den guten Zweck umzuwandeln. Bei den Zahlungsmitteln hört das Sammelfieber nicht auf. „Für alles, was metallisch glänzt und rund ist, finden sich Abnehmer“, weiß der Hobby-Sammler. Dazu gehören Fußball-, Straßenbahn- oder Automünzen. Ein Dutzend Händler sucht Seils mit seinen Schätzen regelmäßig auf. „Mancher bittet um Münzen jeden Jahrgangs, andere hoffen auf besonders exotische Stücke.“

Die werden natürlich nicht in Kilogramm abgewogen. Römische Penunze sind da ebenso begehrt wie Zahlungsmittel aus napoleonischer Zeit, ein Drei-Mark-Stück des Deutschen Reichs oder ein Silberstück mit dem Konterfei von König Otto von Bayern. Schwer fällt Seils die Trennung von seinen Sammelobjekten nicht. Im Gegenteil: „Man kommt mit sehr interessanten Leuten ins Gespräch, daraus sind sogar Freundschaften entstanden.“ Ein Münchener Händler besorgt ihm den aktuellen Weltmünzkatalog umsonst, damit der caritative Sammler in Sachen Preisen auf dem Laufenden bleibt.

Längst wird das Spendenkonto nicht mehr nur von Devisen im Klingelbeutel gespeist. Vereine und Institutionen zählen neben den Kirchengemeinden zu Seils’ regelmäßigen Münzlieferanten. Auch viele Privatleute melden sich bei ihm. Vor zwei Jahren erreichte ihn ein Umschlag ohne Absender mit Schweizer Franken im Wert von 13000 Euro. „Vom Geldwert her das tollste Erlebnis“, so Seils; über die Beweggründe des anonymen Spenders lasse sich nur spekulieren. Andere Leute finden auf dem Speicher Schatullen mit altem Geld.

Für die knapp 300000 Euro wurden über das Diakonische Werk in den vergangenen Jahren rumänische Kinder- und Behindertenheime unterstützt. „Ein besonders schönes Projekt war der Kauf eines Grundstücks, um Gartenbau und Viehzucht zu ermöglichen“, erzählt Seils. „So wurden sinnvolle Beschäftigung, gesunde Ernährung und Ausbildung in Einem ermöglicht.“

Und wenn sich der Kirchenbeamte durch sein außergewöhnliches Hobby auch zum echten Münzkenner und -liebhaber entwickelt hat – seine Sammelleidenschaft freut sich über jedes Stück, von dem er sich zu einem guten Preis trennt, damit ähnlich hilfreiche Projekte auch weiterhin unterstützt werden können.

Sowohl Urlauber, die jetzt wieder in die Heimat zurückkehren und dabei scheinbar nutzlose Devisen aus aller Herren Länder übrig haben, können sich bei Seils melden und ihn unterstützen als auch Kirchengemeinden, die in ihren Kollekten immer wieder ausländisches Geld entdecken. Informationen unter Telefon 0211/4562-642 oder per E-Mail unter Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam Bots geschützt, Sie müssen Javascript aktivieren, damit Sie es sehen können (bcm)