Zeitzeugen bringen auch im vierten Band Geschichte bewegend nah Drucken E-Mail

thumb_1a-zeitzeugeniv111116_becrima-WEISEL/RHEIN-LAHN. (5. Dezember 2016) „Die große Geschichte ist allgegenwärtig, bleibt aber meist sehr abstrakt. In diesem Buch kommt auch die persönliche Betroffenheit zum Ausdruck.“ Mit diesen Worten kommentierte der Präses der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) Dr. Ulrich Oelschläger die Herausgabe des neuesten Bandes „Zeitzeugen. Geschichte und Geschichten“ der Initiative 55 plus-minus im evangelischen Dekanat Nassauer Land.

Im Weiseler Restaurant Hannotts stellten Oelschläger, die Autoren und Initiative-Sprecher Dieter Zorbach den mittlerweile vierten Band der Reihe vor. Acht ganz persönliche Geschichten sind auf den 142 Seiten für die Nachwelt verewigt. Sie beschäftigen sich mit Geschehnissen zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs, auch der Auszug eines Kriegstagebuches findet sich darin. Themen sind Heimat und Fremde, Vertreibung und Flucht.

thumb_1a-zeitzeugeniv111116band_becrima-Bewegend etwa die Schilderungen einer jungen Frau, die sich 1944 vom Taunus aus gen Osten auf den Weg macht, um jenseits der Oder ein Haushaltsjahr zu absolvieren. Aber auch ein der Liebe geschuldeter freiwilliger Heimatwechsel rund um den halben Globus ins Blaue Ländchen findet sich in dem Buch. „Es ist die persönliche Sichtweise, die betroffen macht“, lobte der EKHN-Präses den Band, der ihn an eigene Erlebnisse und Erzählungen ähnlicher Art erinnere.

Der Blick auf die Nazi-Diktatur etwa erhalte noch einmal ganz anderes Gewicht und Gesicht, wenn sich da ein Autor erinnert, dass ein jüdisches Kind mit einem Mal nicht mehr eingeladen wurde, obwohl der Junge sonst immer überall dabei war. Oelschläger betonte die Bedeutung solcher Aufzeichnungen, um aus den Erinnerungen Lehren für die Zukunft zu ziehen, bevor mit den Zeitzeugen auch die Erinnerung stirbt.

Eine andere Geschichte beschäftigt sich mit dem verweigerten „Deutschen Gruß“ und der folgenden Schelte. Oelschläger: „Manches scheint eine Kleinigkeit, die aber Atmosphärisches transportiert, das nahe geht“, so das ehrenamtliche Oberhaupt der evangelischen Landeskirche. Gerade fürs Gespräch mit jungen Menschen seien die persönlichen Berichte ein wichtiger Ansatz, Geschichte zu vermitteln. Die Jugend wisse, wie der Zweite Weltkrieg ausbrach, wolle aber erfahren, wie das in der Region gewesen ist, dankte Oelschläger den Autoren.

Dankbar zeigte sich auch Initiativesprecher Dieter Zorbach sowohl bei den Autoren als auch den Machern des Buches wie Redaktionsleiterin Ulla Kilian, der Lektorin Hannelore Noky und Robert Maus für den Satz und die Gestaltung des Bandes. Der Band sei auch ein ideales Weihnachtsgeschenk, weil ein echtes Unikat in der Region. Einen Extra-Blumenstrauß überreichte er Ruth Waade. Sie hatte das Projekt „Erzählte Zeitgeschichte(n)“ mit auf den Weg gebracht und begleitete „mit ganz viel Herzblut die schwierige Redaktionsarbeit“ für die ersten drei Bände, zog nun aber in ihre Heimat ins Ruhrgebiet zurück. Ein Ende der Reihe ist noch nicht in Sicht. „Fürs nächste Buch haben wir schon wieder Material in der Pipeline, freuen uns aber auch noch über Autoren“, sagt Ulla Kilian.

Der vierte Zeitzeugen-Band der Initiative ist unter anderem in der Postagentur Lüngen in St. Goarshausen sowie im Bücherland in Nastätten für 10 Euro erhältlich. Außerdem kann er über die Initiative 55 plus-minus bestellt werden. Dort gibt es auch Informationen für interessierte Autoren unter Telefon 06771-94974 oder E-Mail Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam Bots geschützt, Sie müssen Javascript aktivieren, damit Sie es sehen können Bernd-Christoph Matern

Zum Foto:
Der Präses der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau Dr. Ulrich Oelschläger (hinten rechts) beglückwünschte Autoren und Macher zum vierten Zeitzeugen-Band (von links): Christa Sopp, Ulla Kilian, Helmut Sopp, Robert Maus, Gerhard Wüst, Ruth Waade, Hannelore Noky, Gisela Buhlmann, Dieter Zorbach, Ellen Stein und Lamyai Hartmann. Fotos: Matern